Aufstand im Viertel

St. Johann. Wie einer, der gerne einen Aufstand anführen würde, sieht der ältere Herr in der Lodenjacke nicht aus. Aber was sein muss, muss sein, schließlich geht es hier um Geld - viel Geld

 Teil des Sanierungsgebiets: die Cecilienstraße. Foto: Rolshausen

Teil des Sanierungsgebiets: die Cecilienstraße. Foto: Rolshausen

St. Johann. Wie einer, der gerne einen Aufstand anführen würde, sieht der ältere Herr in der Lodenjacke nicht aus. Aber was sein muss, muss sein, schließlich geht es hier um Geld - viel Geld. Rund 3,4 Millionen Euro will die Stadtverwaltung bei den Hauseigentümern im Nauwieser Viertel einkassieren - als "Ausgleichsabgabe" dafür, dass das Viertel drei Jahrzehnte lang Sanierungsgebiet war und die Häuser dort deshalb im Wert gestiegen sind.

Sind sie das wirklich? Das ist eine der zentralen Fragen, die sich nicht nur der Mann in der Lodenjacke stellt. Etwa 50 Hauseigentümer aus dem Viertel sind am Freitagabend ins Nebenzimmer des Hotels Schlosskrug gekommen, um sich zu beraten. Der Musiker und Produzent Gunni Mahling hatte mit Flugblättern zu der Versammlung eingeladen. Dass so viele Hauseigentümer kamen, zeige, dass viele nicht damit einverstanden sind, was die Stadt da mache.

Diejenigen, die sich bereits im Vorfeld sachkundig gemacht hatten, dämpften schnell die Erwartungen derjenigen, die gehofft hatten, die Forderungen der Stadt komplett vom Tisch zu wischen.

Dass die Stadt Geld von den Hauseigentümern wolle, sei vom Gesetz gedeckt. Die Forderungen der Stadt seien allerdings zu hoch. Da seien vorher einige Frage zu klären. So müsse geprüft werden, ob der reale Marktpreis von Häusern im Viertel wirklich gestiegen ist, oder ob es sich bei den Zahlen der Stadt nur um theoretische Gutachten handelt. Außerdem sei das Viertel weniger durch Anstrengungen der Stadtverwaltung, sondern vielmehr durch Investitionen der Hauseigentümer schöner geworden.

Die versammelten Hauseigentümer haben vereinbart, dass sich jeder von ihnen beim Stadtplanungsamt das Gutachten besorgt, das die konkrete Wertsteigerung der Häuser beeinhaltet. Bei einem nächsten Treffen am 17. Dezember sollen die Zahlen verglichen werden. Dann soll auch entschieden werden, wie man gemeinsam weiter vorgehen will. Dass die Hauseigentümer gemeinsam gegen die Stadt vorgehen, darüber herrschte am Freitagabend bereits Einigkeit.

Bevor man juristisch gegen die Stadt vorgeht, riet Marlene Hoffmann, solle man es auf dem "direkten Weg" probieren. Im Gegensatz zu dem Herrn mit der Lodenjacke, weiß Marlene Hoffmann wie man erfolgreich Widerstand organisiert. Hoffmann ist Sprecherin der Interessengemeinschaft Eschberger Fernwärmekunden.

Im Nauwieser Viertel stelle sich zunächst duie Grundsatzfrage, sagt Hoffmann: "Ist überhaupt etwas gemacht worden, was eine Wertsteigerung gebracht hat?" Rund 11,5 Millionen Euro Fördergeld sind nach Angaben der Stadt seit 1980 ins Viertel investiert worden. Aber man müsse genau prüfen, was davon zu Wertsteigerungen geführt habe.

Nächstes Treffen der Interessengemeinschaft Ausgleichsbeitrag Nauwieser Viertel: 17. Dezember, 19.30 Uhr, Hotel Schlosskrug, Schmollerstraße 14, Kontakt: E-Mail ausgleichsbetrag@gmail.com

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