Auf der Suche nach der eigenen Identität

St. Wendel. Der Geschichtsverlauf des Saargebietes bis zum Vorabend der Französischen Revolution sei für die Region eigentlich Vorgeschichte. Denn erst dann, als das Tor zur Moderne geöffnet wurde, erhob sich die vormals passive Geschichtsregion zum aktiven Akteur. Dies sagte der Historiker Johannes Schmitt während der Präsentation des Buches "Das Saarland

 Historiker Johannes Schmitt, Eva Kell vom Historischen Verein für die Saargegend und Landrat Udo Recktenwald bei der Buchpräsentation. Foto: Kowol

Historiker Johannes Schmitt, Eva Kell vom Historischen Verein für die Saargegend und Landrat Udo Recktenwald bei der Buchpräsentation. Foto: Kowol

St. Wendel. Der Geschichtsverlauf des Saargebietes bis zum Vorabend der Französischen Revolution sei für die Region eigentlich Vorgeschichte. Denn erst dann, als das Tor zur Moderne geöffnet wurde, erhob sich die vormals passive Geschichtsregion zum aktiven Akteur. Dies sagte der Historiker Johannes Schmitt während der Präsentation des Buches "Das Saarland. Geschichte einer Region" in der Stadt- und Kreisbibliothek. Auf über 400 Seiten präsentieren neun Autoren die Entwicklung der Saargegend bis heute.Weil nun die Region vor über 200 Jahren aus dem Schlaf erwachte, so Schmitt weiter, setzte die Darstellung der saarländischen Geschichte im vorgestellten Werk in der Neuzeit an. Industrialisierung und der damit soziale Wandel seien die Grundsteine des heutigen Saarlandes gewesen. Schmitt: "Ausgehend von unserem Bundesland in der Gegenwart wollen wir die Frage klären, wann und wie das Saarland entstanden ist. Dargestellt wird die Genese des Landes mit Bezug zur Gegenwart." Dabei werde auch die Frage nach der saarländischen Identität gestellt. Denn aktuell werde darüber diskutiert, ob das Saarland als eigenständiges Bundesland fortbestehen solle. "Wir hoffen, mit der Publikation vor allem der jüngeren saarländischen Generation ein Verständnis für die eigene Geschichte zu geben. Und sich ein eigenes Urteil über die Zukunft des Saarlandes zu bilden", sagte Schmitt.

Die Vergangenheit der Landesteile ist wechselvoll und nicht einheitlich. Denn die saarländische Geschichte hat sich auch immer im Spannungsfeld verschiedener Mächte abgespielt. Dies betonte Landrat Udo Recktenwald, der an diesem Abend die Begrüßung übernahm. "Die Frage ,Wo gehören wir eigentlich hin?' hat ein Stück weit unsere Mentalität geprägt", sagte der Landrat. Exemplarisch veranschaulichte Recktenwald dies an der Geschichte des St. Wendeler Landes. Durch europäische Kriege wurde die Region um St. Wendel in der Neuzeit in Mitleidenschaft gezogen. Verschiedene Herren hatten die Teile des heutigen Landkreises. Dennoch habe sich nicht nur im St. Wendeler Land, sondern im gesamten Saarland eine eigene Identität entwickelt. Recktenwald: "Leider machen wir uns selber oft kleiner, als wir sind. Der Geschichtsverlauf ist wohl auch ein Grund dafür, dass uns ein wenig das Selbstbewusstsein fehlt. Dafür gibt es keinen Grund. Wir können stolz auf unsere Heimat sein." Eva Kell, Vorsitzende des Historischen Vereins für die Saargegend unterstrich: "Die Frage nach der saarländischen Identität ist daher auch eine Leitlinie des Buches." Das Werk habe den Anspruch, ein breites Publikum zu erreichen, dennoch wissenschaftliche Standards zu erfüllen. Denn der Herausgeber ist der Verein, und seine Hauptaufgabe sehen die Mitglieder in der Vermittlung der saarländischen Geschichte. Seit 2005 habe der Verein das Buch geplant, Autoren und Sponsoren gesucht. Nun ist der Sammelband erschienen, in Konzeption und Umfang der erste dieser Art. Den Sponsoren sei es zu verdanken, dass jede weiterführende Schule im Saarland ein Exemplar bekommt. Damit möglichst viele Jugendliche, aber auch Erwachsene Zugang zur eigenen Vergangenheit finden. Dies sei der Wunsch der Herausgeber. red

"Das Saarland. Geschichte einer Region", erschienen im Röhrig Universitätsverlag. Preis: 38 Euro (28 Euro für Mitglieder des Historischen Vereins für die Saargegend), ISBN: 978-3-86110-511-4.

Hintergrund

Der Historische Verein für die Saargegend wurde 1839 unter dem Namen Historisch-antiquarischer Verein für die Städte Saarbrücken und St. Johann und deren Umgebung gegründet. In den Anfangsjahren widmeten sich die Mitglieder vor allem der Erforschung der Vor- und Frühgeschichte ihrer Heimat. 1870 brach der Verein jedoch zusammen. Die Neugründung erfolgte 1881, dem damaligen Zeitgeist entsprechend mit einem national-orientierten Geschichtsbewusstsein. Der Verein verfügt über eine umfangreiche kulturhistorische Sammlung, eine Bibliothek und bringt eigene Publikationen raus, darunter die "Zeitschrift für die Geschichte der Saargegend" und die Zeitschrift "saargeschichte(n)". Der Verein ist darüber hinaus auch im Denkmalschutz tätig, unter anderem sorgte er auch für den Erhalt des Alten Rathauses in St. Wendel. Die aktuell etwa 700 Mitglieder wohnen überwiegend im Saarland. red

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