Wer einen Menschen an seiner Seite mit Niveau sucht, gibt dort eine Kontaktanzeige auf. Mit akademischem Grad. Wie Thea. Allerdings schaffte sie den Hauptschulabschluss erst im dritten Anlauf auf zweitem Bildungsweg. Ist mein Kumpel Tobi überzeugt. Hält dies aber vor meiner besten Freundin geheim, die leidenschaftlich teuer zu bezahlende Kuppelangebote nutzt. Der Anbieter versichert: Jeder findet den Partner fürs Leben. Ganz geschwind. Seit viereinhalb Jahren ist Thea dabei. Gewiss, Akademiker in Hülle und Fülle. Doch Thea nimmt nicht den erstbesten. Das sollen die Herren auch nicht. Deshalb frisierte Thea ihren anonymen Steckbrief. Ganz leicht ihr äußeres, dralles Erscheinungsbild.

Tobi ist der Zinnober suspekt. Will sich selbst ein Bild vom umschwärmten Dienstleister machen. Er schöpft aus dem Vollen, als er sich potenziellen Partnerinnen bei www.du-willst-mich-doch-auch.com sagenumwoben anpreist. Anonym. Ohne Thea einzuweihen. Beruf: Projektionist. Klingt nach was. Meint: Filmvorführer im Programmkino, drei Tage die Woche geöffnet. Publikumsandrang überschaubar, Lohn dürftig. Da der Internetdienst Geringverdiener ausschließt, aber Tobis Position nicht einzuschätzen weiß, ist er sofort Teil der handverlesenen Gesellschaft. Bahn frei für die Jagd auf eine Elitepartnerin.

Thea hat ein Date. Tobi auch. "Ich treff' mich mit einem charmanten, zuvorkommenden, verständnisvollen Herrn. Gut situiert", verkündet sie mit einer Adjektivflut. "Ja, ja, schon gut. Viel Glück. Muss los", beendet Tobi das Telefonat abrupt. Denn auch sein vor ihr geheim gehaltenes Rendezvous rückt näher. Mit einer schlanken Einzelhandelsagentin. Langes, blondes Haar. Treffpunkt: eine noble Lounge. Erkennungsmerkmal - alle Kitschklischees erfüllend: rote Rose im Knopfloch. Tobi schmeißt sich in Schale. Ganz untypisch. Tritt ins Lokal. Eine untergroße Frau steht ihm im Weg. Dreht sich um. Eine perplexe Thea. Mit Rose am Revers.