Fachkräftemangel Die Pflegekraft aus dem Ausland

Saarbrücken/Karlsruhe · Dem deutschen Gesundheitssystem fehlen schon jetzt zehntausende Pfleger. Die Bundesregierung setzt deshalb zunehmend auf ausländische Fachkräfte. Auch im Saarland hat man den Ernst der Lage erkannt.

 In Deutschland kommen gut 150 000 Pflegekräfte aus dem Ausland. Können Fachkräfte von außerhalb einen System-Kollaps verhindern?

In Deutschland kommen gut 150 000 Pflegekräfte aus dem Ausland. Können Fachkräfte von außerhalb einen System-Kollaps verhindern?

Foto: dpa/Angelika Warmuth

 Mirela Habibovic war 19 Jahre alt, als sie auf Station 51 am Klinikum Saarbrücken ihre Ausbildung begann. Damals hatte sie gerade einmal sechs Jahre in Deutschland verbracht, mit 13 kam sie als Kriegsflüchtling aus Bosnien. „Ich wollte schon immer einen sozialen Beruf ausüben“, sagt die mittlerweile 39-jährige Krankenpflegerin, die ihre Patienten auf dem Winterberg täglich als „Schwester Mirela“ begrüßt – und sich dabei pudelwohl fühlt.

Fachkräfte wie sie werden in ganz Deutschland händeringend gesucht. Die Arbeitsagenturen verzeichnen bundesweit einen Mangel an Alten- und Krankenpflegern. Derzeit seien etwa 40 000 Stellen unbesetzt. Der Deutsche Pflegerat geht sogar von mindestens 100 000 fehlenden Pflegern aus. Weil in den kommenden Jahren die Zahl der Pflegebedürftigen deutlich steigen wird, rechnen Experten damit, dass in den nächsten zehn Jahren zwischen 150 000 und 250 000 neue Pfleger gebraucht werden. Kommt die rettende Hand aus dem Ausland?

Auch im Saarland sind die Kliniken und Pflegeeinrichtungen für jede motivierte Fachkraft dankbar. Zum 15. Dezember 2017 – letzter Erfassungszeitpunkt – gab es hierzulande 45 582 Pflegebedürftige, 11 543 erhielten eine vollstationäre Betreuung. Die Zahl der aktiven Pfleger beziffert das Sozialministerium mit „rund 20 000“, die Zahl der benötigten Pfleger bleibt im Dunkeln.

„Wir brauchen in der Pflege jede helfende Hand zur Sicherung des Fachkräftebedarfs“, sagt Sozialministerin Monika Bachmann (CDU). Der Geschäftsführer des Deutschen Pflegeverbands, Rolf Höfert, stellt fest, dass immer mehr Mitarbeiter in Teilzeit gingen oder den Beruf wegen des hohen Drucks verließen. Deshalb kämen ausländische Fachkräfte ins Spiel.

Von den mehr als 1,6 Millionen Pflegekräften in Deutschland kommen nur gut 150 000 aus dem Ausland – viele von den Philippinen und aus Osteuropa – und einige wenige aus Nordafrika. Wie viele es im Saarland sind, ist laut Statistischem Landesamt derzeit noch nicht zu beziffern. Was feststeht: Es müssen mehr werden. Dafür ziehen das Klinikum Saarbrücken und die Uniklinik Homburg an einem Strang: In Zusammenarbeit mit dem Sozialministerium und der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Saaris arbeiten sie an einem Projekt, das mexikanische Pflegekräfte ins Saarland holen soll. „Gerade wird gemeinsam geprüft, welche Voraussetzungen es braucht, um die Abschlüsse aus Mexiko auf unser System zu übertragen“, sagt Thomas Hesse, Personaldirektor am Klinikum Saarbrücken. Die bürokratischen Hürden: häufig ein Knackpunkt. Nicht nur, wenn es um Bewerber aus Mexiko geht.

Der frühere deutsche Diplomat Ralf Wittek hat in Tunesien eine Vermittlungsagentur für medizinische Fachkräfte aufgebaut. Mehr als 400 potenzielle Kandidaten seien in der Datenbank, stellenweise würden aber sogar Leute abgelehnt, obwohl sie bereits Arbeitsverträge hätten. Die Bundesregierung will daher jetzt eine zentrale Servicestelle für die berufliche Anerkennung einrichten und ein Gütesiegel für private Vermittlungsagenturen entwickeln. Doch das ist ohnehin erst die halbe Miete: Eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung stellte vor wenigen Wochen fest, dass die Integration von ausländischen Fachkräften in den Einrichtungen oftmals eine große Herausforderung darstellt. „Was immer wieder beklagt wird und die Zusammenarbeit stark behindert, sind die fehlenden Sprachkenntnisse“, sagt Johanna Knüppel vom Berufsverband für Pflegeberufe.

Ein Problem, das die Saarbrückerin Mirela Habibovic nie hatte. Sie sprach schon damals, 1999, gut Deutsch. Ihr fließendes Bosnisch hilft auch den Patienten aus ihrem Herkunftsland. „Sie fragen immer nach Schwester Mirela.“ Deshalb hat sie mit Blick auf künftige Kollegen einen Wunsch: „Man sollte Bewerbern aus dem Ausland das Leben nicht unnötig schwer machen.“

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