Saar-Regierung will Judenfeindlichkeit besser bekämpfen Antisemitismus-Beauftragter rückt näher

Saarbrücken · Die Landtagsfraktionen von CDU und SPD führen intensive Gespräche mit Experten, um einen Antisemitismus-Beauftragten zu finden.

 Geschändete Gräber 2001 auf dem jüdischen Friedhof von St. Ingbert.

Geschändete Gräber 2001 auf dem jüdischen Friedhof von St. Ingbert.

Foto: Schmelzer Manfred/Schmelzer, Manfred

Nachdem die Bundesregierung mit dem Diplomaten Felix Klein jetzt ihren Antisemitismus-Beauftragten gefunden hat, machen jetzt auch die Landtagsfraktionen von CDU und SPD im Saarland Tempo. Denn auch hier soll ein Beauftragter bei der Landesregierung dafür sorgen, dass der zunehmenden Judenfeindlichkeit Einhalt geboten wird. Berichte über Antisemitismus an Saar-Schulen, über geschändete jüdische Friedhöfe und Judenfeindschaft bei den muslimischen Zuwanderern häufen sich.

„Die Koalitionsfraktionen befassen sich intensiv mit der Einsetzung eines Antisemitismus-Beauftragten. Derzeit laufen sowohl koalitionsintern als auch extern Gespräche über die mögliche Ausgestaltung dieses Amtes“, sagte CDU-Fraktionssprecherin der SZ Am nächsten Montag werden demnach Vertreter der evangelischen Kirchen die Fraktionen im Landtag besuchen, um über das Thema zu beraten.

Auch die SPD-Landtagsfraktion steht dem Vorschlag der Einrichtung eines Antisemitismus-Beauftragten offen gegenüber, wie SPD-Fraktionssprecherin Angelina Müller der SZ sagte. Die SPD-Fraktion habe dazu bereits Gespräche mit dem Vorsitzenden der Synagogengemeinde Saar, Richard Bermann, geführt und gegenseitige Vorschläge ausgetauscht, so Müller. Beim Besuch der Protestanten am kommenden Montag werde auch Präses Manfred Rekowski aus Düsseldorf dabei sein. „Der nächste Schritt muss dann eine gemeinsame Arbeitsgruppe mit den unterschiedlichen Akteuren sein, die verschiedene Möglichkeiten diskutiert und Lösungen zur Ausgestaltung des Amtes findet“, betonte Müller.

Synagogen-Gemeinden-Vorstand Bermann bestätigte der SZ das Gespräch mit SPD-Fraktionschef Stefan Pauluhn, der sich überzeugt davon gezeigt habe, dass ein Antisemitismus-Beauftragter im Saarland notwendig sei. Es solle ein Konsens darüber zwischen CDU, SPD und Linken herbeigeführt werden, nicht jedoch mit der rechtspopulistischen AfD, sagte Bermann. Er zeigte sich verwundert darüber, dass Vertreter der Evangelischen Kirche im Landtag eingeladen seien, nicht jedoch jüdische Abgesandte. „Da sollte die Synagogengemeinde dabei sein“, sagte Bermann. Der evangelische Kirchenrat Frank-Matthias Hofmann hatte als erster die Bestallung eines Antisemitismus-Beauftragten bei der Landesregierung angeregt.

Bermann sagte, dass er den künftigen Bundesbeauftragten Klein persönlich kenne und für eine ausgezeichnete Wahl halte. „Ob man im Saarland auch eine solche Person findet? Da wird man sich schwerer tun“, prophezeite der Chef der Synagogengemeinde. Bermann wollte selbst vorerst keinen Vorschlag für den schweren Posten machen, nannte jedoch einige Grundvoraussetzungen für das Amt. „Ein Antisemitismusbeauftragter muss sich, will er der Komplexität des Themas gerecht werden, dem Judenhass von Neonazis, Rechtspopulisten, Islamisten, linksextremen „Antizionisten“, türkischen Nationalisten und vieler weiterer fanatischer und gutbürgerlicher Milieus stellen“, betonte Bermann. Einen Antisemitismus-Beauftragten zu installieren sei nicht zum Nulltarif zu haben; wenn der oder die Beauftragte nicht nur „als Abladestelle für das schlechte Gewissen von Politik und Gesellschaft dienen“ solle. Dabei dürfe man keine allzu großen Erwartungen damit verknüpfen. Antisemitismus werde auch mit einem Beauftragten nicht abzuschaffen sein. „Antisemitismus gibt es seit über zweitausend Jahren. Er war nach 1945 eine Zeitlang nicht mehr wahrnehmbar, aber verschwunden war er nie“. so Bermann. Nun verschlimmere sich die Lage, auch durch importierten Antisemitismus aus muslimischen Ländern. „Aus falsch verstandener Toleranz schauen aber viele achselzuckend dem Ganzen zu“, so Bermann. Ein Beauftragter müsse nicht nur das nötige Herzblut für das Thema haben, er müsse auch eine starke Persönlichkeit mitbringen. „Nur dann macht das Ganze Sinn“, betonte Bermann.

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