Anrollern auf dem Schloßplatz

St. Wendel. Chromteile und weißer Lack glänzen im Sonnenschein. Zwölf Pferdestärken, 50 Kilometer pro Stunde - stolz präsentiert Hans-Martin Becking auf dem St. Wendeler Schloßplatz seine Vespa "Piaggio PX200 E" mit Beiwagen. Er ist einer von rund 50 Vespabesitzern, der auf dem Schlossplatz "anrollert"

 Schönheiten auf zwei Rädern. Fotos: B&K

Schönheiten auf zwei Rädern. Fotos: B&K

St. Wendel. Chromteile und weißer Lack glänzen im Sonnenschein. Zwölf Pferdestärken, 50 Kilometer pro Stunde - stolz präsentiert Hans-Martin Becking auf dem St. Wendeler Schloßplatz seine Vespa "Piaggio PX200 E" mit Beiwagen. Er ist einer von rund 50 Vespabesitzern, der auf dem Schlossplatz "anrollert". Dabei treffen sich die Besitzer der kleinen Kultfahrzeuge nach ihrer ersten gemeinsamen Fahrt im Jahr zu einem Umtrunk. In St. Wendel lädt das Café Journal ein. "Ein Bekannter hat uns damals zu Werbezwecken eine rote Vespa geliehen und uns vom Anrollern vorgeschwärmt. So etwas wollten wir auch in St. Wendel anbieten", erklärt Journal-Inhaber Willi Maas."Der Veranstaltungsort ist super, denn hier gab es in den 1950er- und 1960er-Jahren sogar einen eigenen Club", schwärmt Besucher Werner Ost und deutet auf seine rote Vespa Piaggio mit der Plakette "St. Wendeler Vespaclub". Bei gemeinsamen Treffen tauschten die 30 Mitglieder damals Tipps aus und rollerten unter anderem durch die Schweiz und Dänemark. Solche Reisen verbinden und schaffen ein ganz besonderes Lebensgefühl. Dem stimmt auch Vespafreund Becking zu. "Man kommt zwar nur mit maximal 75 Kilometern pro Stunde voran, aber darum geht es - dass man beim Fahren noch etwas von der Landschaft sieht", schwärmt der 74-Jährige.

Hautnah erleben die Vespabesitzer dabei auch das Wetter. Doch Regen und Wind scheinen ihnen nichts auszumachen. "Es ist alles eine Frage der Kleidung", berichtet Frank Klebert vom Stammtisch West des Vespa-Veteranen-Clubs Deutschland. "Zudem gibt es unter anderem Windschutzscheiben, die viel abhalten", erklärt der 49-jährige Merziger und deutet auf eine Plexiglasscheibe am Lenker seiner Maschine "Px125E lusso". Er habe sich vor acht Jahren seine erste Vespa gekauft und sich seitdem in das Kultfahrzeug verliebt.

Auch Geruch und Lärm der kleinen Roller scheinen die Fahrer zu verzeihen. Als Vespafahrer Robert Majeres mit seiner gelben P200E Zweitakter Gas gibt und über den Schlossplatz flitzt, ruft Kollege Hans-Martin Becking: "Das klingt schon ein bisschen nach Rasenmäher".

Auch bei der Qualmwolke, die die Vespa hinter sich lässt, rümpfen zahlreiche Zuschauer die Nase. "Aber daran gewöhnt man sich schnell", erklärt Karl-Horst Schmitt liebevoll. Seine erste Vespa habe er sich 1951 gekauft. Elf weitere folgten. "Es ist einfach ein ganz eigenes Fahrgefühl", fasst er die Liebe zu den Kultrollern zusammen. Auch beim nächsten Vespatreffen werde er dabei sein.

 Anrollern der Vespa- und Piaggio-Freunde. Foto: B & K

Anrollern der Vespa- und Piaggio-Freunde. Foto: B & K

"Wir werden das Anrollern auf jeden Fall wiederholen", beschreibt Willi Maas die Resonanz der Veranstaltung. Zudem wolle er damit einen guten Zweck verbinden: "Für jede Vespa, die heute angerollert ist, spende ich zehn Euro für kulturelle Veranstaltungen der Stadt."

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