Anne Franks Familiengeschichte

Homburg. Fast jeder kennt Anne Frank, aber wer weiß schon etwas über ihre Familiengeschichte? Diese Lücke schließt das Buch "Grüße und Küsse an alle" der Anne-Frank-Expertin Mirjam Pressler, die das Tagebuch übersetzte und eine Biografie über Anne Frank verfasst hat

Homburg. Fast jeder kennt Anne Frank, aber wer weiß schon etwas über ihre Familiengeschichte? Diese Lücke schließt das Buch "Grüße und Küsse an alle" der Anne-Frank-Expertin Mirjam Pressler, die das Tagebuch übersetzte und eine Biografie über Anne Frank verfasst hat.Gerti Elias, Buddys Ehefrau, hat vor einiger Zeit auf dem Dachboden ihres Baseler Hauses mehrere tausend Briefe, Dokumente und Fotos gefunden, die für die Familiengeschichte von Anne Frank eine große Bedeutung haben und auch für das Verständnis der weltbekannten Tagebuchautorin sehr aufschlussreich sind. Die wichtigsten hat sie ausgewählt und Mirjam Pressler zur Verfügung gestellt, die mit der Auswertung ein 426 Seiten dickes Buch füllte. Im Mittelpunkt stehen vor allem Annes Großmutter (Alice Frank, geborene Stern), Annes Tante (Helene Elias, geborene Frank: Buddys Mutter), Annes Vater Otto und schließlich ihr Cousin Buddy Elias. Mit ihrem verehrten Cousin stand Anne über Jahre hinweg in Briefkontakt. Die Herzlichkeit im Ton der Familienmitglieder wird in den typischen Schlussformeln der Briefe deutlich, eben "Grüße und Küsse an alle". Annes Verwandtschaft waren kultivierte, strebsame Bildungsbürger, die musizierten, Fremdsprachen lernten, Gedichte schrieben, überwiegend assimilierte und weltoffene Juden, kaisertreu und deutsch-national, tüchtig im Beruf und liebevoll im Umgang mit anderen. Kinder genießen eine hohe Wertschätzung, eine gute Erziehung, eine vielseitige Bildung und eine harmonische, solidarische Familienatmosphäre. Auch Anne und Buddy haben dies erfahren. Sie die weltbekannte Tagebuchschreiberin, der nur 15 Lebensjahre vergönnt waren, dort der talentierte Schauspieler und Eiskunstläufer auf Welttournee.

Die einschneidende Zäsur in der Familiengeschichte fand 1933 statt. Auf Hitlers Machtübernahme folgten antijüdische Maßnahmen, Boykotte, die Reichspogromnacht 1938 und die Gräuel von Auschwitz. Die intakten Familienstrukturen wurden dadurch ruiniert, unsägliches Leid war zu ertragen. Dreh- und Angelpunkt der Familiengeschichte bildete seit 1938 das Baseler Haus in der Herbstgasse 11. Dort, wo wir im September 2008 Anne Franks letzten noch lebenden direkten Verwandten, Buddy Elias, besuchten, der als Präsident des Anne-Frank-Fonds tätig ist. Er widmet sich seiner Lebensaufgabe, die Erinnerung an Anne Frank aufrecht zu erhalten. Auch im hohen Alter schreibt er Briefe, nimmt lange Reisen auf sich und hält Vorträge an Schulen, wie zum Beispiel im April 2009 im Saarpfalz-Gymnasium Homburg. In bewusster Anspielung auf Kennedy gab er in unserer Aula den überraschenden Satz "Ich bin ein Homburger!" zum Besten. Sein Vater Erich Elias ist 1890 in Zweibrücken geboren und starb 1984 in Basel. Erich Vater Carl Elias wurde 1855 in Zweibrücken geboren, seine Mutter Ida Neu, 1868 in Homburg.

Buddy Elias hat das Haus seiner Eltern in Basel übernommen. Es ist für uns ein berauschendes Gefühl, in den Räumen, wo Anne, ihr Vater Otto, Alice und Ida, gewohnt haben. Der Stammbaum der Familie im Anhang des Buches zeigt diese Verbindungen nach Homburg und Zweibrücken auf. Es verwundert daher nicht, dass Buddy Elias bei seinem Besuch im Frühjahr auch noch einmal das vom Krieg verschonte Haus seiner Vorfahren in Zweibrücken sehen wollte und auf dem Zweibrücker Friedhof Namen von Verwandten auf Gräbern entdeckte.

Viele von Buddy Elias Erzählungen waren auch in dem schicksalhaften Familienroman von Mirjam Pressler wiederzufinden. Das Buch ist sehr ergreifend, manchmal erschütternd, spannend, sehr informativ und gut zu lesen, ein Lesegenuss auch für diejenigen, die noch kein Vorwissen haben.

Mirjam Pressler: "Grüße und Küsse an alle". Die Geschichte der Familie von Anne Frank. S. Fischer Verlag, Frankfurt/M. 2009, 426 S., 22,95 Euro

Hintergrund

In der Schweiz schenkte Anne Martin dem Schauspieler Buddy Elias ihr Gedicht "Anne und Anne". Der Beginn eines Dialogs der Generationen. red

Viorica Schorpp hat 2008 einen fiktiven Brief von Anne Frank aus dem KZ an ihren Cousin Buddy Elias verfasst. Über ihren Lehrer kam ein Kontakt zu Buddy Elias zustande. Sie schickte ihm den Brief, der auch in der Homburger Anne-Frank-Ausstellung der Schüler des Saarpfalz-Gymnasiums zu sehen war. Prompt erfolgte die Einladung nach Basel.

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