Anlage gegen siebenköpfige Schleusergruppe Anklage gegen Fluchthelfergruppe mit Saarbrücker Chef

Saarbrücken · () Mindestens 120 Flüchtlinge soll eine siebenköpfige Gruppe nach Deutschland gebracht und dafür von den Betroffenen jeweils bis zu 2000 Euro verlangt haben. Dafür sollen sich nun sieben Männer zwischen 22 und 41 Jahren vor der Jugendkammer des Saarbrücker Landgerichts verantworten. Wie Christoph Rebmann, Sprecher der Staatsanwaltschaft, gestern berichtete, schafften sie 2015 und 2016 Menschen aus Syrien, Marokko, aus dem Libanon, aus Libyen und Staatenlose illegal über die Grenze. Kopf der Gruppe soll der aus dem Irak stammende Kawa H. aus Saarbrücken sein, wie Rebmann sagte. Die Anklagevertreter sprechen von bandenmäßigem Einschleusen von 120 Ausländern in 23 Fällen. Das seien nur die aktenkundigen Fälle, wahrscheinlich seien es mehr gewesen meinte Rebmann.

Demnach reifte bei Kawa H. nach einem TV-Bericht über die dramatische Flüchtlingslage in der ungarischen Hauptstadt Budapest 2015 der Entschluss, „aus dieser Situation Kapital zu schlagen“, so Rebmann. Diese Darstellung wird von Dirk Gerlach, dem Rechtsanwalt von Kawa H. verneint. Das seinem Mandanten unterstellte Motiv, nach finanziellem Gewinn gestrebt zu haben, sei nicht zutreffend, sagte Gerlach der SZ. Humanitäre Gründe hätten bei Kawa H., der selbst Fluchterlebnisse habe, den Ausschlag für sein Handeln gegeben.

Nach Rebmanns Angaben planten die sieben Gruppenmitglieder gemeinsam, mit zwei Autos die Opfer für Geldzahlungen aus Österreich zu bayerischen Flüchtlingsaufnahmestationen zu bringen. Ein Wagen soll dabei vorgefahren sein, um die Situation an der Grenze auszuspähen. Der zweite Wagen mit den Flüchtlingen, zumeist Syrer, sei dann gefolgt, wenn die Luft rein war.

Am 31. Oktober 2016 flog die Bande auf. In dieser Nacht stoppte die Bundespolizei den Hauptangeklagten bei seiner Fahrt mit einer fünfköpfigen Familie aus Syrien an Bord seines in Saarbrücken zugelassenen Wagens an der deutsch-österreichischen Grenze. Das vorfahrende Fahrzeug mit SLS-Kennzeichen wurde von den Ermittlern ebenso entdeckt, so Rebmann. Dessen Fahrer konnte aber türmen.

Die Auswertung des Mobilfunktelefons von Kawa H. soll ergeben haben, dass es weitere Schleusertouren gegeben hatte. Er habe die Taten gestanden, hieß es. Die humanitären Beweggründe nimmt ihm die Staatsanwaltschaft indes nicht ab. Ein Mitangeklagter belastete ihn, berichtete davon, dass es ums Geldverdienen gegangen sei. Warum díe Ermittlungen über eineinhalb Jahre dauerten, war bei der Bundespolizei gestern nicht in Erfahrung zu bringen.

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