Als Pionier in der Kita

Malstatt · In einem Projekt des Paritätischen Bildungswerks engagieren sich Schüler aus dem Regionalverband ehrenamtlich in Kindertagesstätten. Für die Jungen ist es ein Einblick in ein Berufsfeld, in dem Männer rar sind.

 Dennis Seibel liest Johanna, Fredrik und Benjamin (von links) in der Kita vor. Foto: Oliver Dietze

Dennis Seibel liest Johanna, Fredrik und Benjamin (von links) in der Kita vor. Foto: Oliver Dietze

Foto: Oliver Dietze

Kaum hat der sympathische Junge den Raum betreten, da schallen ihm schon aufgeregte Rufe von den kniehohen Tischen entgegen: "Dennis!" Die Kinder in der evangelischen Kindertagesstätte Rodenhof haben den 14-Jährigen, der seit vergangener Woche dienstags und donnerstags hierherkommt, schon ins Herz geschlossen. Jungs sind hier ein eher seltener Anblick. Sechs Frauen kümmern sich um 35 Kinder, 30 davon werden ganztägig betreut. "Sobald ein Mann auftaucht, werden die Kinder wild", sagt Natascha Jost, die Leiterin der Kita Rodenhof.

Dennis Seibel nimmt an dem Projekt "Sozial engagierte Jungs" teil, das vom Paritätischen Bildungswerk koordiniert wird. Das Geld dafür hat teils der Regionalverband über das "Bildungs- und Teilhabepaket" zur Verfügung gestellt, teils stammt es aus der Kinderhilfsaktion "Herzenssache". Jungen zwischen 13 und 15 Jahren gehen ein- bis zweimal pro Woche in eine Kita im Regionalverband und engagieren sich dort ehrenamtlich. In der ersten Runde haben laut Paritätischem Bildungswerk 25 Jugendliche aus sechs Schulen mitgemacht. Am Montagabend wurden sie dafür im Saarbrücker Schloss geehrt. Betreut werden die Ehrenamtler von Schulsozialarbeitern und Mentoren. Für Dennis ist Heiko Bluth der Ansprechpartner. Der junge Franke studiert soziale Arbeit und Pädagogik der frühen Kindheit an der Hochschule für Technik und Wirtschaft, nebenbei arbeitet er beim Paritätischen Wohlfahrtsverband. "Die Gegenbewegung, dass man Frauen an Männerberufe heranführt, gibt es schon länger", sagt der Mentor, doch es sei auch wichtig, klassische "Frauenberufe" für Jungen attraktiv zu machen. Nur knapp fünf Prozent der Mitarbeiter in Kitas seien männlich, sagt Bluth. Ein Problem sei, dass Männer sich häufig aus Erziehungsberufen zurückzögen, weil diese schlecht bezahlt würden, sagt Kita-Leiterin Jost.

Bei Dennis ist das freilich noch kein Thema. Für sechzehn Stunden pro Monat in der Kita bekommt er gut 30 Euro, eine kleine Aufwandsentschädigung. "Die Kinder sind ganz nett, sie sehen mich eher als Kumpel", sagt der 14-Jährige. Natascha Jost lobt den Neuling: "Dennis kann sich voll und ganz auf die Kinder einlassen." Am Sonntag half er freiwillig beim Gemeindefest mit; er kickt mit den Kindern, liest ihnen vor, ist für sie da. Jost würdigt: "Weil wir nicht auf die Jugendlichen angewiesen sind, haben sie dadurch auch Spielräume." Im Grunde schaffe das Projekt nur Gewinner, sagt Mentor Bluth. Für die Jungen sei es ein wertvoller Einblick ins Berufsleben, der auch helfe, sich zu hinterfragen. "Und in vielen Kitas kennt man die Erfahrung noch nicht, mit Jungen zu arbeiten", meint Bluth. Später wolle er aber lieber in einem technischen Beruf als in einer Kita arbeiten, sagt Dennis. Doch er freut sich auf die vielen Stunden, die er hier noch verbringen wird. Und die Kinder freuen sich auf ihn.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort