Alltagsszenen aus einem Pfarrhaus in der DDR

Sulzbach. "Pfarrer Wilhelm Schlemmer kam ins Theodor-Heuss-Gymnasium, um uns, der jüngeren Generation, einen Einblick in das Leben und in die Politik der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik zu geben. Er erzählte uns, wie die DDR völlig vom Westen abgetrennt wurde und was passierte, wenn man versuchte, in den Westen zu gelangen

 Pfarrer Wilhelm Schlemmer mit seiner Ehefrau Anette und dem THG-Schüler Fedor Holz aus Klasse 12. Foto: THG

Pfarrer Wilhelm Schlemmer mit seiner Ehefrau Anette und dem THG-Schüler Fedor Holz aus Klasse 12. Foto: THG

Sulzbach. "Pfarrer Wilhelm Schlemmer kam ins Theodor-Heuss-Gymnasium, um uns, der jüngeren Generation, einen Einblick in das Leben und in die Politik der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik zu geben. Er erzählte uns, wie die DDR völlig vom Westen abgetrennt wurde und was passierte, wenn man versuchte, in den Westen zu gelangen.

Es ist bekannt, dass 1961 die Mauer mitten durch Berlin, sogar durch Häuser, gebaut wurde, sodass die Hauptstadt in West- und Ost-Berlin unterteilt worden ist. Durch ganz Deutschland verlief eine stark bewachte Grenze.

Die Mauer wurde gebaut, da wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage im Osten viele Bürger nach Westen fliehen wollten, wo die Wirtschaft um ein Vielfaches besser gewesen war. So sank die Bevölkerungszahl im Osten und es wurde ein Gesetz erlassen, welches besagte, dass es den DDR-Bürgern strengstens verboten sei, nach Westen auszuwandern. Der Bau der Mauer unterstrich dieses Gesetz.

Wachposten und Wachtürme wurden an der Mauer und der Grenze entlang gebaut - und sollte es dennoch jemand wagen, über die Mauer zu klettern, wurde derjenige erschossen.

Man durfte als DDR-Bürger auch keinen Urlaub in westlichen Ländern machen, sondern nur in den Osten fahren, sprich: in die Sowjet-Union oder eines der Ostblock-Länder.

Jeder hatte in der DDR Arbeit. Die Löhne waren jedoch nicht sonderlich hoch. Das war einer der Gründe, weshalb es am 17. Juni 1953 zunächst zum Streik und dann zum Aufstand der DDR-Bürger kam. Wilhelm Schlemmer war als Lehrling daran beteiligt. Diesem Aufstand war jedoch kein Erfolg beschieden: Russische Panzer setzten ihm ein Ende.

Man versuchte, in der DDR die Menschen von der Kirche "wegzuekeln", da sie einen anderen Glauben vertrat als es die DDR-Ideologie vorgab. Wenn der Vater eines Kindes beispielsweise Pfarrer war, durfte es in der Schule nicht, wie die anderen Kinder, den Vater bei der Arbeit zeichnen.

Wer mehr über die DDR und über das Leben einer christlichen Familie dort erfahren möchte, sollte Wilhelm Schlemmers Buch lesen."

Zur Person

Wilhelm Schlemmer wurde 1938 in Naumburg an der Saale geboren. Er ist in christlicher Tradition aufgewachsen, hat sich auch als Schüler zum Glauben bekannt. Das führte dazu, dass er im Alter von 14 Jahren die Schule verlassen musste, eine Lehre machte, als Lehrling am 17. Juni 1953 mit streikte. Später konnte er über ein kirchliches Seminar schulische Bildung nachholen und Theologie studieren. Er war Pfarrer in kleinen sächsischen Orten, dann in Leipzig und zur Zeit der friedlichen Revolution Superintendent in Freiberg/Sachsen. Dort war er in die politische Arbeit der Umbruchszeit stark eingebunden. Später war er Beauftragter der Kirche bei der Bundesregierung in Bonn und Berlin.

Seit 2003 ist er im Ruhestand. Er lebt mit seiner Frau Annette am Rande Berlins. Einen Teil seiner Erlebnisse, die er mit der Familie, Freunden, Weggefährten teilt, hat er niedergeschrieben in dem Buch "Lebensraum zwischen Barrikaden - Alltagsszenen aus einem Pfarrhaus in der DDR." red

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