Alle Verwaltungschefs sind abgeführt

- St. Wendel. Sowohl Landratsamt als auch Rathaus in St. Wendel haben ausgedient, sind verwaist. Jedenfalls bis Aschermittwoch. Denn die Narren haben gestern den Verwaltungschef die Leviten gelesen, sie verurteilt und dann zum Teufel gejagt. Damit sind auch ihre Untergebenen joblos. Als erstes traf es Landrat Udo Recktenwald. Er ist seit 11.11 Uhr entmachtet

- St. Wendel. Sowohl Landratsamt als auch Rathaus in St. Wendel haben ausgedient, sind verwaist. Jedenfalls bis Aschermittwoch. Denn die Narren haben gestern den Verwaltungschef die Leviten gelesen, sie verurteilt und dann zum Teufel gejagt. Damit sind auch ihre Untergebenen joblos. Als erstes traf es Landrat Udo Recktenwald. Er ist seit 11.11 Uhr entmachtet. Bürgermeister Klaus Bouillon entzog sich seiner Strafe, verreiste kurz vor dem Sturm auf seinen Amtssitz, lange bevor sich die Faasendbooze auf dem Schlossplatz zur Attacke zusammengerottet hatten und schunkelnd gen Rathaus wankten. Dafür musste Ortsvorsteher Kurt Wiese herhalten, für Missetaten des vergangenen Jahres büßen.In Fesseln führte Erich Maldener, Sitzungspräsident des Karnevalsvereins Die Coburger, Landrat Recktenwald ab. Die Anklageschrift gegen den geschassten Verwaltungschef, die Maldener verlas, war von schwerwiegenden Straftaten gesäumt. Windräder auf dem Bostalsee, nach unten korrigierte, getürkte Arbeitslosenzahlen, Parkplatzmangel , Internetmanie und geplatzte Jamaika-Koalition - all das musste Recktenwald auf seine Kappe nehmen. Da half auch kein Betteln und Flehen um Gnade. Vielmehr will der bisherige Landrat Ministerpräsident (MP) des künftigen Bundeslandes St. Wendel werden. Ministerposten sind ihm auch schon klar. Darüber habe er auch längst schon mit Annegret Kramp-Karrenbauer (AKK) gesprochen, die ihren Ministerpräsidenten-Job an ihn abtreten muss. Eine Stelle biete er ihr an: "MP will ich genn, das hann ihr schon gehört. Habe AKK schon bekniet und sie auch betört. Sie könnte bei mir denn die Stelle wird frei. Das Hauptamt dann leite, schon ist sie dabei."

Prinzessin Vanessa II. (Römer) und Prinz Christoph I. (Krämer) übernahmen sofort nach dem Urteil die Amtsgeschäfte. Das Kinderprinzenpaar Morgane I. (Rüdiger) sowie René I. (Frommberger) unterstützen sie fortan bei dieser hoch anspruchsvollen Arbeit. Mit dem entmachteten Gefangenen Udo R. ging's zum Schlossplatz, wo er mit Kurt Wiese erneut vor dem närrischen Volk an den Pranger gestellt wurde. Beide ließen sich nichts anmerken - und feierten mit den karnevalistischen Heerscharen. hgn - Oberthal. Gegen diese Übermacht war der Oberthaler Piratenbürgermeister Stephan Rausch, der unter schwarzer Flagge segelt, machtlos: Gardemädchen, Elferrat, Cowboys, Häschen, Hippies stürmten um kurz nach 14.11 Uhr das Rathaus. Sie folgten dem Ruf der Vorsitzenden des Oberthaler Carneval Vereins, Maike Foshag: "Wir sind der OCV, wir stürmen den Bau." Foshag klagte den Bürgermeister wegen des geplanten Baus von Windrädern an, die nur dazu dienten, den Kuhgeruch zu vertreiben. Der Gesang der Rathausbediensteten beim Betriebsausflug habe wegen Lärmbelästigung die Polizei auf den Plan gerufen. Und darüber hinaus plane Rausch auf dem ehemaligen Webergelände in der Ortsmitte einen Stausee, das Imweiler Meer. In Reimform verteidigte sich der Bürgermeister vehement. Zum Beispiel: "Mit den Windrädern haben wir den höchsten Berg im Land, werden weltweit bekannt." Es half nichts. Elferratspräsident Ralf Baltes verurteilte ihn, bis Aschermittwoch die Rathausschlüssel an den OCV abzugeben. Was Rausch auch gerne tat. Und mit den Fastnachtern im Zelt vor dem Rathaus bei fetziger Musik feierte. Für Stimmung im Lauf des Abends sorgten auch die Oberthaler Hexen und Sänger Timo Backes. vf - Freisen. Dass Hexen liebt und fürsorglich sein können - wenn sie denn wollen - , das konnte man bei der Machtübernahme im Freisener Rathaus erleben. Denn Hexen haben hier seit vielen Jahren ab Fetten Donnerstag das Sagen. Rund 50, gar schön schauerlich gewandete Hexen, von diversem Hexengebräu in Stimmung gebracht, strebten zielstrebig schlag 14 Uhr dem Rathaus zu. Gegenwehr hatten sie nicht zu befürchten, denn im Haus hatten die Frauen ohnehin schon das Sagen. Wie lange schon und für wie lange? Ungewohnt verschlossen blieben die Lippen.

Etwas Wehmut schwang mit bei der Aktion. Denn der, den sie zum 18. und zum letzten Mal verschleppen wollten, den trafen die Hexen nicht an, Bürgermeister Wolfgang Alles. Denn "der Wind für unsere Besen", wie Oberhexe Sylvia Schmidt ihn nannte, ist im Krankenstand. So konnte sich denn der Beigeordnete Hermann Becker über elf Millionen Hexensteuer freuen. Unter der Bedingung, dass das Lamento über den leeren Gemeindesäckel für die kommenden elf Jahre verstummt. Gern ergab sich dann Becker dem anmutigen Hexentross und machte die letzten Euro für einen fröhlichen Umtrunk locker. ddt - Marpingen. Weggeschleppt haben sie ihn, die Narren. Bürgermeister Werner Laub versteckte sich zwar bis kurz nach 14 Uhr in seinem neuen Rathaus. Aber dann fassten sie ihn. Doch lange packten sie ihn nicht auf ihren Armen: "Stell ihn ab. Der is' schwer wie'n Sau!", gröhlte einer der Lastenträger. In der alten Mühle wurde dem Ex-Rathauschef dann wenig später der Prozess gemacht. Florian Gasse, Elferratspräsident des Theater- und Karnevalvereins Alsweiler, trug gereimt vor, wie die mit 30 Millionen Euro verschuldete Gemeinde an Geld kommt, wenn Laub an der Macht geblieben wäre. Unter anderem mit einer Steuer auf Narretei. Bei all dieser Kritik reichte Laub den Amtsschlüssel gern weiter. hgn

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