Probleme mit Parkausweisen für Gehbehinderte Ärgerlicher Hindernislauf zum Behinderten-Parkausweis

Saarbrücken · Von Nina Drokur

 Rollstuhlfahrer, die auf einem Behinderten-Parkplatz parken wollen, müssen ihr Auto entsprechend ausweisen. (Symbolbild)

Rollstuhlfahrer, die auf einem Behinderten-Parkplatz parken wollen, müssen ihr Auto entsprechend ausweisen. (Symbolbild)

Foto: dpa/A2411 Norbert Försterling

Behindertenparkplätze sind eigens ausgewiesene Parkplätze. Sie sind deutlich breiter und länger als übliche Parkmöglichkeiten und erleichtern so zum Beispiel Rollstuhlfahrern das Ein- und Aussteigen. Um dort parken zu dürfen, reicht ein Behindertenausweis jedoch nicht aus. Wenn nach dem Abstellen des Fahrzeugs auf den meist blau markierten Plätzen mit dem weißen Rollstuhlfahrer-Symbol kein Bußgeld winken soll, muss der blaue EU-Parkausweis gut sichtbar im Fahrzeug angebracht sein. Die Voraussetzungen allerdings, diesen zu bekommen, sind dem Sozialverband VdK aber klar zu hoch. Er fordert die Landesregierung daher dringend auf, Ausnahmeregelungen zuzulassen.

Doch wie bekommt man den blauen EU-Parkausweis überhaupt, der zum Parken auf Behindertenparkplätze berechtigt? Es gibt zwei Möglichkeiten: Es muss entweder eine außergewöhnliche Gehbehinderung vorliegen – dann erhalten Betroffene das Merkzeichen „aG“ – oder Blindheit – dann wird „bl“ im Behindertenausweis vermerkt. Das Merkzeichen aG wird laut Sozialgesetzbuch aber nur dann erteilt, „wenn sich die schwerbehinderten Menschen wegen der Schwere ihrer Beeinträchtigung dauernd nur mit fremder Hilfe oder mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können“. Im Saarland sind das laut Sozialministerium 16 218 Menschen (Stand August 2017). Darunter sind unter anderem Menschen mit Querschnittslähmung, aber auch Menschen mit eingeschränkter Lungenfunktion oder schweren Herzschäden.

Schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung sind demnach „Personen mit einer erheblichen mobilitätsbezogenen Teilhabebeeinträchtigung, die einem Grad der Behinderung von mindestens 80 entspricht“. Eine Hürde, die dem Sozialverband VdK zu hoch ist: „Aus der Erfahrung unserer täglichen Arbeit wissen wir, wie schwierig es für unsere Mitglieder ist, das Merkzeichen aG zu erhalten“, sagt VdK-Jurist Raphael Collet. Er verweist darauf, dass die Bundesländer einen erheblichen Spielraum haben. Das geht aus der Straßenverkehrsordnung hervor: „Die zuständigen obersten Landesbehörden oder die nach Landesrecht bestimmten Stellen können von allen Vorschriften dieser Verordnung Ausnahmen für bestimmte Einzelfälle oder allgemein für bestimmte Antragsteller genehmigen.“

Für den VdK bietet sich Sachsen als Vorbild an. Dort können Menschen, die nach Operationen oder einem Unfall vorübergehend, aber dennoch über einen längeren Zeitraum an Funktionsstörungen leiden, die die Gehfähigkeit einschränken, einen gelben Ausweis bekommen, heißt es in einem Schreiben des VdK. Ähnlich verhalte es sich in Bayern. „Dass das Saarland diese Möglichkeit nicht nutzt, ist schade und längst überfällig. Wenn jemand so eingeschränkt ist, dass er kaum gehen kann, dann ist ihm ein weiter Weg nicht zuzumuten“, sagt der VdK-Landesvorsitzende Armin Lang. Seiner Meinung nach entspreche die aktuelle Gesetzeslage im Saarland nicht den Bedürfnissen vieler schwerbehinderter Menschen, denen dadurch erhebliche Mobilitätseinschränkungen zugemutet würden.

Das Sozialministerium verweist auf Anfrage darauf, dass die Voraussetzungen zur Gewährung des Merkzeichens aG vom Ärztlichen Sachverständigenbeirat Versorgungsmedizin beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales festgelegt wurden. Diese Begutachtungsregeln würden ständig weiterentwickelt und seien bundesweit einheitlich. Ob landesweite Ausnahmeregeln wie sie vom VdK gefordert werden, möglich sind, dazu wollte das Sozialministerium keine Einschätzung geben. Begründung: Man sei hier nicht zuständig. Das Landesamt für Soziales sei zwar zuständig für die Vergabe des Merkzeichens aG, für die Vergabe der Parkberechtigungen seien jedoch die jeweiligen Straßenverkehrsbehörden zuständig.

Der Sprecher des Verkehrsministeriums, Werner Kerkhoff, meinte dazu: „Wenn es nun so ist, dass viele Menschen mit Behinderungen die aktuelle Situation nicht angemessen finden, dann wird man natürlich darüber reden und auch für die sogenannten ‚Ausnahmefälle’ eine gerechte Lösung finden müssen.“ Er gibt jedoch zu bedenken: „Was bedeutet eine höhere Nachfrage bei einem zunächst gleichbleibenden Angebot an bevorrechtigten Parkplätzen?“

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