Abschieds-Ovation für Urgestein Franz Hertel

Püttlingen · Ein letztes Mal erlebte der Püttlinger Stadtrat am Mittwoch den DKP-Fraktionsvorsitzenden Franz Hertel in Hochform: knorrig, polternd und unbeirrt kommentierte der 79-Jährige das Geschehen.

. Stehend applaudierten die Mitglieder des Püttlinger Stadtrates am Mittwoch auf die letzte Rede ihres Alterspräsidenten Franz Hertel (DKP). In seiner knorrigen Art hatte der 79-Jährige gerade angekündigt, ziemlich genau 45 Jahre, nachdem er als 34-Jähriger erstmals im Rat der damals gerade zur Stadt erhobenen Kommune gesessen hatte, aus Alters- und Gesundheitsgründen ins letzte Glied seiner Partei zu rücken. Gut anderthalb Stunden hatte er zuvor aber noch seine Ansichten über Stadt und Stadtpolitik vorgetragen.

Der gelernte Betonbauer, der viele Jahrzehnte als freier Journalist und zuletzt als Angestellter einer Awo-Einrichtung gearbeitet hatte, polterte gegen die Liberale Kerstin Bremm, als die in Sachen Windkraft-Anlagen eine getrennte Abstimmung über die möglichen Standorte forderte. Sie wollte zwar für die möglichen Standorte am Dickenberg und am Lohberg/Schmittenberg stimmen, aber nicht für den am Mathildenschacht. Gesundheitsgefährdend für die Patienten im nahe gelegenen Knappschaftskrankenhaus, gefährlich für anfliegende Hubschrauber und deshalb schlecht für Püttlingens Ruf als Gesundheitsstadt, so ihre Argumente. So gingen bei der getrennten Abstimmung, die Bebauungspläne teilweise zum Wohle der Windmühlen zu ändern, alle Hände der Stadtverordneten hoch - mit Ausnahme der liberalen Hände zum Mathildenschacht.

Noch heftiger schimpfte Hertel gegen den Sozialdemokraten Nikolaus Jost, der seinen im April zurückgezogenen Antrag noch einmal aufleben ließ, in dem er fordert, den Bebauungsplan am Köllner Platz dahingehend zu ändern, dass dort ein Drogeriemarktanbieter bauen und damit eine Versorgungslücke in der Köllertalgemeinde ausfüllen könne. "Das würde alles über den Haufen werfen, was wir in den vergangenen Jahrzehnten beschlossen haben", so Hertel und bekam dafür breite Rückendeckung - Antrag abgelehnt.

Geben und Nehmen

Auch die oberen Polit-Etagen verschonte Hertel am Mittwoch nicht. Dieses Mal ritt er einmal mehr gegen die amtierende und die vorherige Landesregierungen. Die hätten den Kommunen in der Vergangenheit Millionen aus dem Länderfinanzausgleich vorenthalten und würden es ihnen jetzt im Rahmen des Kommunalen Entlastungsfonds (Kelf) wieder zuschustern. Freilich nicht, ohne sich dafür zu rühmen und nur streng sparsame - in Hertels Sprache "brave Kommunen" - zu belohnen. Dass Püttlingen nicht nur die eisernen Sparauflagen erfüllen musste, sondern jetzt auch noch wegen "eines Erbsenzählers in einem Ministerium" einen Antrag auf die Kelf-Gelder stellen müsse, ließ seinen Geduldsfaden reißen. Zum Schluss war ihm aber an Versöhnung gelegen: "Ich weiß, dass man in der Hitze des Gefechts auch mal daneben zielt, jemanden zu Unrecht angreift oder auf die Füße tritt. Niemals ist das vorsätzlich geschehen oder um Kolleginnen und Kollegen zu beleidigen."

Feier am Sonntag

Als er sich dann für die jahrelange Zusammenarbeit bedankte, wurde dem Urgestein die Stimme etwas schwer. Hinter der harten Schale offenbarte sich ein weicher Kern. Rasch aber fasste er sich: "Ich würde mich freuen, wenn viele der von der Stadt ausgesprochenen Einladung nachkommen, und wir am Sonntag gemeinsam Abschied feiern können." Und seine Nachfolger will er noch so lange wie möglich nach Kräften unterstützen: "Damit der Ruf der DKP auch noch lange im Püttlinger Rathaus zu hören ist."

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