Abschiebung vorerst gestoppt

Saarbrücken · Nach 25 Jahren in Deutschland sollte Klaudija Qehaja (29) heute abgeschoben werden. Nun hat sich die Politik eingeschaltet. Innenministerin Bachmann hat die Abschiebung ausgesetzt und will den Fall neu aufrollen.

Das saarländische Innenministerium hat die Abschiebung der 29-jährigen Klaudija Qehaja vorerst ausgesetzt. Qehaja, die seit 25 Jahren in Deutschland lebt, sollte heute in den Kosovo abgeschoben werden (die SZ berichtete). Innenministerin Monika Bachmann (CDU) will den Fall nun erneut der Härtefallkommission vorlegen. Außerdem ordnete sie an, Qehaja aus der Abschiebehaft in Ingelheim zu entlassen. Zugleich betonte die Ministerin jedoch: "Es besteht kein Zweifel, dass rechtlich richtig entschieden wurde." Die erneute Prüfung sei eine rein politische Entscheidung.

Die Härtefallkommission hatte bereits 2006 Qehajas Eingabe negativ beschieden. Auch das Oberverwaltungsgericht hatte die Abschiebung bestätigt. Bachmann erklärte, sie werde den Vorsitzenden der Härtefallkommission, Günther Schwarz (CDU), bitten, zeitnah zu entscheiden. Qehaja droht die Abschiebung, weil sie sich nicht ausreichend um Arbeit bemüht haben soll. 2011 hatte sie für die Dauer eines Jahres eine Aufenthaltserlaubnis erhalten. "Nach meinen Kenntnissen gab es bei ihr wenig Bemühungen, einer Beschäftigung nachzugehen", sagte Bachmann und erklärte, es habe "ernstzunehmende Jobangebote" vom Jobcenter gegeben. Qehajas Freundin Anna Martin sieht das anders: "Ich habe mit Klaudija Bewerbungen geschrieben, sie zu Vorstellungsgesprächen begleitet und sie meinem Arbeitgeber empfohlen." Martin gab nach eigenen Angaben bei der Ausländerbehörde sogar eine eidesstattliche Erklärung ab, dass Qehaja sich bemühe, Arbeit zu finden. Gestern hatte auch Qehajas Anwalt Wolfgang Köhl eine Petition beim Landtag eingereicht, um die Abschiebung zu stoppen und den Fall nochmal prüfen zu lassen. "Wir hoffen, dass die Härtefallkommission zu einer menschlichen Entscheidung kommt", sagte Köhl.

Bachmann verwahrte sich gegen Kritik der SPD-Bundestagsabgeordneten Elke Ferner. Ferner hatte es als "unfassbar" bezeichnet, dass bei Qehaja die Härtefallregelung nicht greife. Bachmann sagte: "Belehrungen von Bundespolitikern, die diese Abschiebungsgesetze gemacht haben, nutzen herzlich wenig." CDU-Fraktionschef Klaus Meiser sagte im Landtag, er würde sich freuen, wenn die Härtefallkommission zu dem Ergebnis komme: "Wir bieten ihr Arbeit an und sie möge das Angebot annehmen." Dann habe Qehaja rechtlich alle Möglichkeiten, im Saarland zu bleiben. Ministerin Bachmann habe den Fall "mit Sicherheit vorher nicht gekannt". Wenn es vor der Abschiebung keine Medienberichterstattung gegeben hätte, "wäre der Fall, wie jeder Fall, verwaltungstechnisch gelaufen". Das heißt: Qehaja säße heute im Flugzeug Richtung Kosovo. SPD-Fraktionschef Stefan Pauluhn erklärte, er sei Bachmann "sehr dankbar", dass sie die Abschiebung gestoppt hat. Piraten-Fraktionschef Michael Hilberer sagte: "Sie ist eine Saarländerin. Und die wollen wir abschieben in ein fremdes Land?" Linksfraktionsgeschäftsführer Heinz Bierbaum sagte, er hoffe auf den Konsens im Lande, dass Qehaja während der Verhandlung über die Petition nicht abgeschoben werde. Grünen-Fraktionschef Hubert Ulrich meinte, nach so vielen Jahren im Saarland sollte "man diese Menschen einbürgern".

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HintergrundDie saarländische Härtefallkommission besteht aus acht Mitgliedern: je einem Vertreter des Landtags, des Landkreistags, des Städte- und Gemeindetags, der Liga der Freien Wohlfahrtspflege (zwei Mitglieder), der evangelischen und der katholischen Kirche sowie der Arbeitsgemeinschaft der Ausländerbeiräte. Die Mitglieder werden von der jeweiligen Institution ernannt. In den Jahren 2011 und 2012 wurden der Kommission jeweils sieben Fälle vorgelegt. 2013 waren es bislang zehn Fälle. Dass die Kommission einen Fall zweimal prüft, kommt laut Innenministerium in der Regel nicht vor. Spricht die Kommission eine Empfehlung für ein Bleiberecht aus, kann die Innenministerin anordnen, dass der Betroffene abweichend vom Aufenthaltsgesetz eine Aufenthaltsgenehmigung erhält. noe

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