Tag der offenen Tür 7500 Neugierige erkunden Landtag

Saarbrücken · Der Saar-Landtag, Deutschlands kleinstes Länderparlament, hat sich am Wochenende erstmals seit über einem Jahrzehnt wieder von der Bevölkerung hinter die Kulissen schauen lassen.

Interessierte Bürger sahen sich gestern beim Tag der offenen Tür im Saarländischen Landtag um.

Interessierte Bürger sahen sich gestern beim Tag der offenen Tür im Saarländischen Landtag um.

Foto: Foto: Dietmar Klostermann/D.Klostermann

Rund 7500 Besucher sind am Sonntag nach offiziellen Angaben zum ersten Tag der offenen Tür seit elf Jahren ins neoklassizistische Saarbrücker Landtagsgebäude geströmt. Der Bau war einst Treffpunkt und Tanzsaal der noblen Saarbrücker Casinogesellschaft und zeitweise Lazarett für Verwundete im Ersten Weltkrieg, ehe es 1947 der Landtag wurde. Dort stellten sich gestern die vier Fraktionen mit einem Teil ihrer 51 Abgeordneten (24 CDU, 17 SPD, 6 Linke, 3 AfD und 1 Fraktionslose) in Pavillons und auf der Landtagswiese dem Gespräch mit Bürgern. Auch die Landesregierung war an einem Stand mit Werbefilm vertreten, der zeitweise das Logo von Landessportverband (LSVS) und Saartoto einblendete.

Ex-Ministerin Barbara Wackernagel-Jacobs (SPD) und ihre „Carpe diem“-Film- und TV-Produktion hatten dort den letzten Drehtag für eine Dokumentation über den Landtag, der ab Herbst auch auf der Website im Internet abrufbar sein soll. „Die Abgeordneten und die Arbeit der Fraktionen stehen heute im Mittelpunkt“, sagte der für ein bürgernäheres Parlament werbende Landtagspräsident Stephan Toscani (CDU) bei der Begrüßung auf der Haupttribüne. Doch hierbei und bis zur Mittagszeit hatte sich von den vier Fraktionschefs Alex Funk (CDU), Stefan Pauluhn (SPD), Oskar Lafontaine (Linke) und Josef Dörr (AfD) nur der AfD-Politiker Dörr samt seinem wegen einer Verbalatacke auf Illinger Schüler in der öffentlichen Kritik stehenden AfD-Kollegen Rudolf Müller sehen lassen. Die meisten Besucheraugen zog dagegen Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) bei seinem Rundgang auf sich. Lafontaine, so berichtete der emsig diskutierende parlamentarische Linken-Geschäftsführer Jochen Flackus, sei am Sonntag privat unterwegs. Die Fraktionschefs der großen Koalition, Alexander Funk (CDU) und Stefan Pauluhn (SPD) diskutierten später eifrig mit Besuchern im brütend heißen Zelt der Fraktionen.

Stark nachgefragt waren die Führungen im Landtag, die die Historie beleuchteten, Auskunft gaben über „Wer sitzt wo im Plenarsaal?“ oder den Gang eines Gesetzgebungsverfahrens erläuterten. „Ich war noch nie im Landtag und wollte ihn einfach mal hautnah kennenlernen“, sagte der 58-jährige Fliesenleger Hans-Jürgen Trautmann aus Saarbrücken. Und der mit seiner Frau Eva (55) gekommene Ex-Bäckerinnungs-Geschäftsführer Gerd Wohlschlegel (73) betonte: „Eigentlich ist es die Notwendigkeit jedes Bürgers, die Stätte der demokratischen Volksvertretung kennenzulernen.“

Thematisch ging es an den Fraktionsständen um Themen wie Schule, Frankreich-Strategie, Rente und Innere Sicherheit, doch oftmals waren kleine Werbegeschenke der Parteien vom Kugelschreiber bis zum Traubenzucker noch mehr gefragt. Am Landesregierungsstand, so Abteilungsleiter Jochen Wagner, hätten sich auch Bürger über Jobs in der öffentlichen Verwaltung erkundigt. Besonderes Interesse fanden die Mitarbeiter des Stenografischen Dienstes, die jede Landtagssitzung in Windeseile mitprotokollieren müssen. „Saarländische Ausdrücke bleiben dabei erhalten. Aber jeder gute Redner im Landtag hat auch mal einen schlechten Tag und umgekehrt“, verriet den Besuchern Stenografin Ulla Bones.

Der Tag der offenen Tür im Parlament hatte mit Saarlandgrill samt Schwenker und Rostwurst sowie Gastronomie (das Bier oder das Glas Grauburgunder für je zwei Euro) sowie buntem Kinderprogramm durchaus auch Volksfest-Charakter. Eine Veranstaltung, die mit Freibadwetter, Staatstheaterfest und Musik am Schloss konkurrierte. Am 23. September ist nun Tag der offenen Tür der Staatskanzlei in Saarbrücken.

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