450 Sorten gilt es zu erhalten"Situation ist bedrohlich"

Bietzen. Auf ihrer Sommertour machte am Freitag Umweltministerin Anke Rehlinger auf dem Bietzerberg Station. Ihr Anliegen: Erhalt und Pflege der Streuobstwiesen und Wiederbelebung des Obstanbaus. "Wenn wir dieses kulturelle Erbe nicht pflegen, wird es irgendwann ganz aus unserem Landschaftsbild verschwunden sein", befürchtete die Ministerin

Bietzen. Auf ihrer Sommertour machte am Freitag Umweltministerin Anke Rehlinger auf dem Bietzerberg Station. Ihr Anliegen: Erhalt und Pflege der Streuobstwiesen und Wiederbelebung des Obstanbaus. "Wenn wir dieses kulturelle Erbe nicht pflegen, wird es irgendwann ganz aus unserem Landschaftsbild verschwunden sein", befürchtete die Ministerin. Streuobstwiesen seien für das Landschaftbild im Saarland charakteristisch und für Natur und Artenschutz von großer Bedeutung. "Der Streuobstanbau ist allerdings im Schwinden begriffen, denn immer weniger Saarländer nutzen die Wiesen, um sich mit Obst zu versorgen", befand Rehlinger. Zum Großteil lägen die Gründe auf der Hand: "Erschwerte Bewirtschaftung in ungünstigen Lagen und häufig unklare Besitzverhältnisse sind vermutlich zusammen mit fehlenden Anreizen zur Nutzung und Vermarktung die Hauptursachen, dass ein Großteil der Streuobstwiesen nicht mehr genutzt wird", meinte die Umweltministerin.Eine Erhebung im Auftrag des Landesverbandes der Obst- und Gartenbauvereine aus dem Jahre 2006 habe ergeben, dass auf saarländischen Streuobstwiesen über 450 Apfel- und Birnensorten wachsen. "Ein wertvoller Beitrag zum Erhalt der genetischen Vielfalt von Nutzpflanzen in unserer Region", unterstrich Rehlinger. Darüber hinaus seien intakte, gepflegte und genutzte Streuobstwiesen wertvolle Biotope mit einer immensen Artenvielfalt an Insekten, Vögeln und Kleinsäugern.

Experten kamen mit

Auf ihrer Besichtigungstour wurde die Ministerin von zahlreichen Fachkundigen und interessierten Bürgern begleitet. Ihr Fazit: "Es ist deutlich geworden, dass es für den Erhalt der Streuobstwiesen einen akuten Handlungsbedarf gibt." Auffällig seien der Pflegerückstand und ein hoher Mistelbefall. "Bis Ende des Jahres wollen wir einen Runden Tisch zusammenführen, um dann gemeinsam mit allen Akteuren darüber nachzudenken, wie man das Beste für den Erhalt der Streuobstwiesen erreichen kann", erklärte Rehlinger. Erfreulich sei bei allen Problemen, "dass es eine Reihe guter Fachleute zu diesem Thema gibt". Darum schaue sie hoffnungsvoll in die Zukunft. "Wenn wir die Kräfte bündeln, werden wir mit diesen Leuten vieles bewirken können", sagte die Ministerin abschließend.

Bietzen. "Wenn man durch unsere ausgedehnten Streuobstwiesen wandert, sieht man sehr viele Negativbeispiele", klagte am Freitag Monika Lambert Debong, Geschäftsführerin des Verbandes der Gartenbauvereine. "Wer weiß, wie lange es hier noch gute Bäume gibt?", fragte sie anlässlich der Sommertour der saarländischen Umweltministerin Anke Rehlinger.

Die Situation sei mittlerweile bedrohlich. Die seit vielen Jahren unterbleibende Pflege habe einen extrem hohen Misteltrieb zur Folge, der kaum noch zu bewältigen sei, bedauerte Lambert-Debong. Von der Verwertungsseite des Obstes sei man eigentlich auf einem guten Stand.

"Aber das nützt nichts, wenn es an der Pflege der Bäume und Wiesen fehlt." Dem stimmte Stefan Dollwet, Vorsitzender des Gartenbauvereins Bietzen, uneingeschränkt zu. "An unseren Produkten, die einen guten Ruf genießen, liegt es nicht", meinte er. Manfred Klein, Bietzens Ortsvorsteher, stellte fest: "Wir sollten unsere ökologischen Ausgleichsmaßnahmen nicht immer nur auf das Setzen neuer Hecken beschränken, sondern uns mehr auf die Pflege von Altanlagen konzentrieren." Damit fördere man letztlich den Erhalt unserer Kulturlandschaft, erklärte Manfred Klein weiter. owa

Hintergrund

Fördermaßnahmen: "Erhalt und Pflege von Streuobstwiesen können im Rahmen der ländlichen Entwicklung gefördert werden". Darauf wies die saarländische Umweltministerin Anke Rehlinger anlässlich ihres Besuches in Bietzen hin. Jährlich stehen zur Flächenförderung von Streuobstwiesen rund 100 000 Euro an Landes- und EU-Mitteln zur Verfügung. Die Förderhöhe beträgt 500 Euro pro Hektar. Bedingungen sind das Mähen der Fläche, der sachgerechte Rückschnitt der Bäume, der Ersatz abgestorbener Bäume und die Ernte des anfallenden Obstes. Flankierend zu dieser Flächenförderung können Obst- und Gartenbauvereine Förderung für den Erhalt ihrer Kelteranlagen beantragen. "Dadurch wird ein Anreiz zur Verwertung des Obstes und damit indirekt auch zur Nutzung und Pflege der Streuobstwiesen gesetzt", betonte die Ministerin. owa

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort