Bio aus Überzeugung: Die Erfolgsgeschichte der Winzer-Familie Inge, Willi und Simon Ollinger Reben, Regen und Medaillen: 20 Jahre Bioweingut Ollinger-Gelz in Perl-Sehndorf

Perl-Sehndorf · Das Weingut Ollinger-Gelz in Perl-Sehndorf produziert seit 20 Jahren Bio-Weine und wurde mehrfach ausgezeichnet. Simon und Willi Ollinger verraten im Gespräch, wie das Weinjahr 2021 bisher verlaufen ist und was sie anders machen als herkömmliche Winzer. Und warum Opa Willi mit Enkel Paul mit dem Ferrari zur Eisdiele fährt...

Preisgekrönte Winzer: 20 Jahre Bio-Weingut Ollinger-Gelz in Perl
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Die Erfolgsgeschichte von Winzerfamilie Inge, Willi und Simon Ollinger

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Foto: Thomas Reinhardt

An einen solchen Sommer kann sich Willi Ollinger nicht erinnern. „200 Liter Niederschlag in einem Juli, nicht zu fassen. Wir hatten schon einige verregnete Sommer, aber nicht so extrem“, sagt der erfahrene Winzer aus Perl-Sehndorf.  Und auch Sohn Simon (30) hat so etwas noch nicht erlebt. Der Winzer und Önologe ist seit 2014 im elterlichen Betrieb. „In diesem Sommer hatten wir immer wieder Regenphasen, die Reben hatten gar keine Zeit, zum Trocknen“, berichtet er. Dadurch ist die Gefahr groß, dass sich Pilzkrankheiten ausbreiten. So hatte Familie Ollinger alle Hände voll zu tun und musste mit Pflanzenschutz dagegenhalten.  Die Infektionen seien tückisch, sagt er bei meinem Besuch in Sehndorf und zeigt auf einzelne, kleinere Stellen an Blättern, die geschädigt sind. „Gesunde Blätter sind wichtig für die Reife“, erklärt er, „über die Blätter wird Zucker eingelagert.“

Harte Arbeit in den Weinbergen

Durch die harte Arbeit in den Weinbergen gelang es Willi und Simon Ollinger, die Infektsionsketten zu unterbrechen und die Reben weitgehend gesund zu halten. „Wir lernen da auch voneinander immer mehr dazu“, sagt der Jungwinzer. „Deshalb stehen wir jetzt auch ganz gut da“, etliche Kollegen an der Mosel und in Baden-Württemberg hätten sehr viel größere Probleme.

Im Bio-Weinbau sind solche Extremjahre eine besondere Herausforderung. „Wir arbeiten nur mit kleinen Mengen an Kupfer und verzichten ganz bewusst auf  chemisch-synthetischen Pflanzenschutz“, so Simon Ollinger. Diese Mittel würden nämlich in die Reben eindringen und auch dort verbleiben. „Und genau das wollen wir ja nicht, Pflanzenschutzrückstände in Trauben.“

Die Trauben sind schön gereift

Ab etwa Mitte  August war das Wetter zum Glück besser, die Trauben sind schön gereift und auch die Menge ist zufriedenstellend. Die ersten Früchte für Traubensaft sind geernet, jetzt kommen die für die Sekte an die Reihe „und dann geht es Schlag auf Schlag weiter“, so Simon Ollinger, zuerst die einfachen Weine, dann die Spätlesen. Und so ist jetzt wieder Höchsteinsatz und Akribie gefragt: Bei der Lese per Hand sollen möglichst nur gesunde, reife Trauben geernet werden. Rund 16 Erntehelfer werden im Einsatz sein - hoffentlich bei trockenem Wetter.

Die Umstellung auf Bio-Weinbau

Willi Ollinger und seine Frau Inge, geborene Gelz (siehe Info zur Geschichte des Weingutes), begannen 1984 mit 1,5 Hektar. Als der Winzer gesundheitliche Probleme bekam (unter anderem Allergien) standen sie vor der Frage: Aufgeben oder eine grundlegende Änderung. Sie entschieden sich für Letzteres und stellten auf Bio-Weinbau um.  Das war damals nicht einfach. Was ist das überhaupt genau? Wie geht das? Was bedeutet das für die tägliche Arbeit? Vor diesen Fragen standen Willi und Inge Ollinger. Sie haben sie gemeistert. Haben sich in die Materie eingearbeitet  und sind ihren Weg gegangen. Inzwischen ist eine Erfolgsgeschichte daraus geworden. Das einzige Bio-Weingut im Saarland ist behutsam Stück für Stück gewachsen, hat sich etabliert, genießt auch überregional in der Szene einen sehr guten Ruf. 

2011 wurde in Sehndorf in den Weinbergen ein neues Betriebsgebäude errichtet. Seit 2014 arbeitet Simon Ollinger im Betrieb mit. Er hat Weinbau und Önologie studiert, kümmert sich in der Hauptsache um die Arbeit im Weinkeller. Vater Willi legt sein Hauptaugenmerk auf die Weinberge - so ergänzen sich die Beiden. „Ich bin da ganz selbstverständlich reingewachsen“, erzählt Simon, „für mich war das nie fraglich, dass wir Bioweine machen.“ Das seien ja nicht nur die Reben und der Wein, da stecke ja viel mehr dahinter, eine ganze Philosophie: Artenschutz, Biodiversität, Nachhaltigkeit. 

Grüne Böden mit viel Leben

Wir schauen uns gemeinsam die Reben und die Böden an. „Wir begrünen und säen ein, wechseln jedes Jahr die Rebgasse“, so der Winzer. Das Ergebnis:Grüne Böden, viel Leben. Zwischen den Reben wachsen und blühen verschiedene Kleesorten, Malve, Korn-und Ringelblume, Fenchel, Dill und einiges mehr. So entstehen Lebensräume für Tiere, Insekten sorgen für lockere, gesunde Böden. Familie Ollinger ist sich einig: „Wir wollen in Zeiten der Klimakrise etwas für unsere Umwelt und unser Ökosystem tun.“  Wegen der Trockenheit in den letzten Jahren haben sie für ihre Junganlage ein Bewässerungssystem angeschafft. Sie sind auch was die Reben angeht, offen für Neues. „Man muss ausprobieren“, sagt Simon Ollinger, von den Forschungsanstalten kämen auch sukzessive interessante Alternativen.Gute Erfahrungen hat das Bio-Weigut mit den robusten und pilzwiderstandsfähigen Reben Cabernet Blanc und Solaris gemacht, auch der Souvignier Gris (ähnlich dem Grauburgunder) sei vielversprechend. 

Gold-Medaille für Spätburgunder

Beim diesjährigen internationalen Bioweinpreis mit über 800 Weinen aus 21 Ländern erreichten lediglich 69 Weine die Auszeichnung „Großes Gold“ – darunter mit  96 von 100 Punkten   der 2016 Spätburgunder „Edition Klaus Gelz“ aus dem Sehndorfer Marienberg. Simon Ollinger:  „Dass gerade ein Rotwein der saarländischen Obermosel bei einer internationalen Verkostung mit Bewertungen von Bioweinen aus Rioja und Toskana mithalten kann, übertrifft unsere Erwartungen.“ Die Edition Klaus Gelz zeichnet sich durch Weine aus, die in akribischer Handarbeit spät und selektiv geernet werden. Die gesunden, hochreifen Trauben werden behutsam gekeltert und der Wein anschließend zehn Monate auf der natureigenen Hefe im Eichenholzfass gelagert. „Die kräftig‑aromatischen Tropfen bekommen genügend Zeit, um sich in Fass und Flasche zu entwickeln“, so Simon Ollinger. Ein Aufwand, der sich lohnt: Der 2018 Auxerrois und der 2017 Grauburgunder aus dieser Premium‑Linie sowie der 2017 Pinot brut aus traditioneller Flaschengärung bekamen jeweils eine Goldmedaille. „Diese Auszeichnungen sind eine Bestätigung für den Weg, den wir vor 20 Jahren eingeschlagen haben“, freuen sich auch Inge und Willi Ollinger.

Mit dem Ferrari in die Eisdiele

Die beiden sind inzwischen auch Großeltern geworden. Und manchmal, aber wirklich nur selten, fährt der sonst so umweltbewusste Opa Willi mit seinem Enkel Paul mit dem Ferrari zur Eisdiele in Perl. Denn der kleine Paul isst nicht nur gerne Eis, er fährt auch furchtbar gerne Traktor. Und das wuchtige, grüne Gefährt von Opa Willi kommt aus Italien - ein Ferrari. Die Firma  Officine meccaniche Ferrari S.p.A. aus Luzzara (Reggio Emilia) hat zwar nichts mit dem berühmten Sportwagenhersteller  zu tun, aber das ist dem kleinen Paul schnurzegal...

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