"150 Prozent" Alm-Ebi

Saarbrücken. Wenn Eberhard Schilling erzählt, ist es, als lausche man einem Hörspiel - wie einem Radiohörer beschreibt der SR3-Unterhaltungschef detailliert seine Umgebung: "Schauen Sie, hier steht noch auseinandergeschraubt das Doppelbett für die Sommeralm, daneben die Matratzen im Tigermuster

 Die Möbel sind noch verstaut, den Hirsch-Teppich hat Eberhard Schilling schon gefunden. Foto: Dietze

Die Möbel sind noch verstaut, den Hirsch-Teppich hat Eberhard Schilling schon gefunden. Foto: Dietze

Saarbrücken. Wenn Eberhard Schilling erzählt, ist es, als lausche man einem Hörspiel - wie einem Radiohörer beschreibt der SR3-Unterhaltungschef detailliert seine Umgebung: "Schauen Sie, hier steht noch auseinandergeschraubt das Doppelbett für die Sommeralm, daneben die Matratzen im Tigermuster. Über dieses 70er-Jahre Puffbett mit integriertem Radio hängen wir diesen Teppich mit dem röhrenden Hirsch. Ist das nicht geil?"Im Fundus des Saarländischen Rundfunks schaut er nach, ob noch alle Möbel für die Sommeralm intakt sind. Wird das Bett in die neue, etwas kleinere Hütte, mittlerweile die dritte auf der Berghalde Reden, passen? Von Freitag, 13. Juli, an wird aus "Eberhard" zum vierten Mal der Ebi von der Alm. Zu volkstümelnd soll "der Ebi" nicht sein, statt Alpentracht, trägt er Jeansjacke und weißes Hemd. "Ich muss aufpassen, dass sich die Rolle nicht zu sehr mit meiner Person vermischt", sagt Schilling. Aber wie viel Alm-Ebi steckt in dem Moderator? "150 Prozent", meint Mitarbeiterin Kathrin prompt. "Keiner sonst hier würde das mehr als ein Jahr durchhalten." Ganz so extrem sieht es Schilling nicht, aber: "Der Alm-Ebi ist ein positiv gestimmter Mensch, der Menschen mag, der gerne isst und trinkt - das bin auch ich. Da muss ich mich nicht verstellen."

Mittlerweile werde er von Leuten auf der Straße mit großem Hallo als Alm-Ebi begrüßt. Was ihn zu einem historischen Vergleich hinreißt: "Aus Wiebelskirchen stammen zwei berühmte Persönlichkeiten: Erich Honecker und ich." Seine beiden erwachsenen Kinder hätten mitunter Schwierigkeiten damit, dass ihr Vater der Alm-Ebi ist. Der Alm-Tag beginnt um sieben Uhr. Bis der erste Prominente um acht Uhr zum Frühstück kommt, muss Schilling die Hütte herrichten. Unter der Woche endeten die Tage bei gutem Wetter auch mal erst um zwei Uhr in der Früh. Hier müsse man mit den Kräften haushalten: "Hätte ich jede Einladung zum Bier angenommen, wäre ich jetzt schon tot." So sind denn für den Hobby-Gärtner die Stunden auf der Alm am schönsten, wenn die Halde menschenleer ist, der Blick bis zum Schaumberg schweift, die Züge unten im Tal zierlich wie eine Modellbahn wirken.

Da denkt der Moderator auch mal über seine eigene Geschichte nach. Sein Vater rangierte bei Saarberg die Dampflokomotive, der Opa mütterlicherseits war Bergbauingenieur, der andere Großvater starb mit nur 39 Jahren untertage. "Mit diesem Teil meiner Biografie habe ich mich erst auseinandergesetzt, als ich auf die Alm kam." Umso schöner sei es, wenn Bergleute ihm stolz erzählten: "Wir haben dafür gesorgt, dass die Alm so hoch steht!" Selber Bergmann zu werden, daran habe er nie gedacht. "Ich wollte in die Jugendarbeit", erzählt Schilling, der in Saarbrücken Sozialarbeit und Sozialpädagogik studiert hat. Durch ein Praktikum sei er beim SR "hängen geblieben" - ein "Zufall", der schon mehr als 30 Jahre währt. Heute moderiert er die "Bunten Funkminuten" und ist im Fernsehen Außenreporter für die Sendung "Wir im Saarland".

Nach der Alm ist vor der Alm, die heiße Vorbereitungsphase beginne zwei Monate vor Almauftrieb, die Gäste stehen fest, Schilling bereitet die Interviews vor. Eine Woche vorher steht sein Telefon kaum still. "Noch immer rufen Bands an, die auf der Sommeralm spielen wollen, aber das Programm steht bereits." Ein Poster verrät seine Leidenschaft fürs Theater. Seit 20 Jahren steht der bei Freunden als "König der Strumpfhosen" bekannte Moderator regelmäßig auf der Neunkircher Schaubühne - oft in der Rolle strumpfbehoster Könige.

Nach dem Almabtrieb gönnt sich Schilling zwei Wochen lang Urlaub - und will dabei möglichst gar nichts reden. Allen Gemeinsamkeiten mit dem Alm-Ebi zum Trotz: Einen röhrenden Hirsch wird es in seinem Haus in Kohlhof nie geben.

Hintergrund

Vom 13. bis 22. Juli laden SR3 und der Kreis Neunkirchen zur Sommeralm auf die Berghalde des Garten Reden. Neben Konzerten gibt es Angebote in der Natur. ukl

sr3.de

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