Saarbahn-Betriebsräte wehren sich

Saarbrücken. Oskar Lafontaine war begeistert. Dass 220 Busfahrer der Saarbahn GmbH auf einmal in seine Partei eintreten, sei "wie Weihnachten", sagte der Vorsitzende der Linken Anfang Juli. Mit zehn Wochen Verspätung schreitet der Vorstand der städtischen Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft Saarbrücken (VVS), zu der die Saarbahn GmbH gehört, jetzt offenbar zur Bescherung

Saarbrücken. Oskar Lafontaine war begeistert. Dass 220 Busfahrer der Saarbahn GmbH auf einmal in seine Partei eintreten, sei "wie Weihnachten", sagte der Vorsitzende der Linken Anfang Juli. Mit zehn Wochen Verspätung schreitet der Vorstand der städtischen Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft Saarbrücken (VVS), zu der die Saarbahn GmbH gehört, jetzt offenbar zur Bescherung. Am Donnerstag hat der VVS-Vorstand sechs Saarbahn-Betriebsratsmitgliedern, unter ihnen der Betriebsratsvorsitzende Winfried Jung, fristlos gekündigt (die SZ berichtete).Weil der Betriebsrat am Freitag von seinem Recht Gebrauch gemacht hat, die Kündigungen abzulehnen, wird die VVS voraussichtlich am Dienstag beim Arbeitsgericht beantragen, die Kündigungen auch ohne Zustimmung des Betriebsrats durchsetzen zu können. VVS-Sprecherin Christa Horn wollte am Freitag wegen des laufenden Verfahrens keine Details nennen. Aber es gehe nicht nur um kleinere arbeitsrechtliche Verfehlungen, sondern "um Straftatbestände".

Der Saarbahn-Betriebsratsvorsitzende Jung war am Freitag nicht zu erreichen. Bernd Oleynik von der Gewerkschaft Verdi gab sich allerdings sicher, dass die VVS vor Gericht mit ihren Vorwürfen nicht durchkomme. "Wir können keine Straftatbestände erkennen", sagte er. Das sei alles "an den Haaren herbeigezogen".

Den sechs Betriebsratsmitgliedern wird nach Verdi-Informationen vorgeworfen, während der Arbeitszeit mit Beschäftigten über die Linkspartei und mit dem gekündigten VVS-Vorstand Professor Franz Heinrich gesprochen zu haben.

Verdi-Landesleiter Alfred Staudt hat den VVS-Vorstand am Freitag aufgefordert, die Kündigungen zurückzunehmen und "zum Dialog mit den Arbeitnehmern zurückzukehren". Die Saarbrücker Oberbürgermeisterin Charlotte Britz solle als VVS-Aufsichtsratsvorsitzende eingreifen.

Das wird Britz nicht tun. "Es handelt sich um eine Personalangelegenheit. Das ist Sache des Vorstands", teilte ihr Sprecher Thomas Blug mit. Auch die VVS-Führung bleibt bei ihrer Linie. "Die Darstellung von Verdi ist einseitig und unvollständig. Die entscheidenden Vorwürfe sind nicht genannt worden", sagte Horn.

Einer dieser Gründe, sagt ein VVS-Insider, sei, dass wohl nicht alle 220 Busfahrer in Lafontaines Partei eingetreten sind, weil ihr Herz links schlägt. Es sei zumindest auf einige Busfahrer Druck ausgeübt worden - von den Betriebsräten. "Die Darstellung von Verdi ist einseitig."

VVS-Sprecherin Christa Horn

Meinung

Parteipolitik schadet der VVS

Von SZ-RedakteurMartin Rolshausen

Will sich der VVS-Vorstand an unliebsamen Betriebsräten rächen? Oder versucht er womöglich Mitarbeiter zu schützen, die sich von Betriebsräten unter Druck gesetzt fühlen? Antworten auf diese Fragen gibt es wohl erst vor Gericht. Klar ist: Dass bei der Saarbahn GmbH massiv Parteipolitik gemacht wird, schadet dem Unternehmen. Zum Glück läuft das bei den ebenfalls zur VVS gehörenden Stadtwerken anders. Dort arbeiten Vorstand und Betriebsrat zusammen - zum Wohl der Eigentümerin Stadt und der Arbeitnehmer.

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