Saar-Steinkohle-Kraftwerke wieder gefragt

Berlin/Saarbrücken. Die Vorfälle in Japan und die Neubewertung von Laufzeiten deutscher Atomkraftwerke haben Auswirkungen auf die künftige Energiepolitik. Claudia Kemfert, Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin, erwartet den Bau weiterer Stein- und Braunkohlekraftwerke

Berlin/Saarbrücken. Die Vorfälle in Japan und die Neubewertung von Laufzeiten deutscher Atomkraftwerke haben Auswirkungen auf die künftige Energiepolitik. Claudia Kemfert, Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin, erwartet den Bau weiterer Stein- und Braunkohlekraftwerke. Eine Lösung sei das wegen der hohen Umweltbelastungen nicht, auch bei verbesserten Wirkungsgraden. Kempfert bezeichnet Gaskraftwerke als die Brückentechnologie auf dem Weg zu einer Versorgung mit 80 Prozent Erneuerbaren Energien im Jahr 2050. Zwar sei Gas aus Russland wegen der Bindung an den Ölpreis teuer - auch wegen der kostenintensiven Pipelines - gleichzeitig seien die Lieferverträge langfristig angelegt. Allerdings gebe es Möglichkeiten, sich unabhängig zu machen - und damit Verhandlungsoptionen. So gebe es Überschüsse in den USA. Auch nordafrikanische Länder böten Gaslieferungen an. Den stärkeren Einsatz von Steinkohle-Kraftwerken hält Kemfert nicht für sinnvoll, weil man dann die Klimaziele an die nächste Generation durchreiche.Das sieht Saar-Umweltministerin Simone Peter (Grüne) genauso. Ein "Zurück in den Kohlebergbau" werde es nicht geben. Die Frage sei, wie man "für eine gewisse Zeit" vorhandene Kraftwerke technisch ertüchtigt. Eine weitere Lösung seien Gaskraftwerke. So könne auch der Standort Ensdorf an Bedeutung gewinnen. "Ich glaube jetzt an ein Umdenken in der Energiepolitik", so Peter.

Hanno Dornseifer, Vorsitzender des Verbandes der Energie- und Wasserwirtschaft an der Saar, der 65 Unternehmen vertritt, gibt zu bedenken: Wer Atomkraft nicht will, müsse ein anderes Opfer bringen. Dies sei ein höherer CO2- Ausstoß. Denn Dornseifer sieht die Kohle als Brückentechnologie an, auch an der Saar, bis die Erneuerbaren Energien einen hohen Anteil erreicht haben. Neubau und Weiterbetrieb von Steinkohlekraftwerken seien die Antwort auf Deckungslücken durch den Wegfall von Atomkraft. "Wenn die Strompreise steigen und Atomkraftwerke vom Netz gehen, dann steigen nicht nur generell die Chancen für Kohlekraftwerke wieder, sondern auch für den Standort Ensdorf." Es sei zu unsicher, auf Gaskraftwerke zu setzen, da man die Preisentwicklung nicht abschätzen könne. Solche Kraftwerke bräuchten jedoch eine langfristige Perspektive. Sie würden erst mit günstigen Gaspreisen als Stromversorger attraktiv.

Kraftwerke modernisieren

VSE-Vorstand Leo Petry sagt, für einen Übergangszeitraum bis zum Durchbruch Erneuerbarer Energien müsse man den vorhandenen Kraftwerkspark modernisieren. In Ensdorf seien 30 Millionen Euro für eine Umwälzpumpe investiert, die den Wirkungsgrad erhöht. Auch bestehe die Option auf eine vorgelagerte Gasturbine. "Unsere Kraftwerke an der Saar kann man technologisch weit verbessern. Es kommt jetzt darauf an, Ensdorf und die anderen Saar-Kraftwerke am Netz zu halten.", sagt Petry. Die Betreiber der Evonik-Steinkohlekraftwerke an der Saar sehen ihre Standorte vorbereitet. "Der Einsatz unserer Kraftwerke richtet sich in erster Linie nach den Anforderungen unserer Kunden. Diese orientieren sich am aktuellen Strombedarf, den verfügbaren Kraftwerken und deren spezifischen Erzeugungskosten. Unsere Kraftwerke sind alle auf einem hohen technischen Stand und voll verfügbar", sagt Peter Nützl, Mitglied der Geschäftsführung von Evonik Power Saar. Klaus-Dieter Woll, Vorsitzender des Betriebsrates im Evonik-Kraftwerk Bexbach, hält es für zu früh, von neuen Perspektiven für die Steinkohle-Kraftwerke an der Saar zu sprechen.

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