Saar-Bauern streiten über Weg aus der Krise

Obersalbach. Seine Pressekonferenz zum Erntedankfest hatte sich Klaus Fontaine (Foto: SZ), Präsident des Bauernverbandes Saar, sicher anders vorgestellt

Obersalbach. Seine Pressekonferenz zum Erntedankfest hatte sich Klaus Fontaine (Foto: SZ), Präsident des Bauernverbandes Saar, sicher anders vorgestellt. Gerade hatte er zur Bilanz des vergangenen Jahres angesetzt - im Saarland übrigens ein gutes Erntejahr -, gerade hatte er auch die Überleitung zur katastrophalen Preissituation gefunden - in eineinhalb Jahren hat sich der Getreidepreis laut Fontaine halbiert -, als 15 Milchbauern unter Leitung von Klaus Laub (Foto: SZ), saarländischer Sprecher des Bundes Deutscher Milchvielhalter (BDM), den Schauplatz auf dem Hilgenbacherhof in Obersalbach betraten. Spontan wandelte sich der Rückblick auf das vergangene Jahr zu einer emotionalen Diskussion über die existenzbedrohend niedrigen Milchpreise. Die 15 Milchbauern, die allesamt erst kürzlich aus dem Bauernverband ausgetreten sind, warfen dem Bauernverband mangelnden Einsatz für die Belange der Milcherzeuger vor. Statt die Milchmenge über eine Milchquote zu begrenzen und durch die Verknappung den Preis zu heben, falle der Bauernverband den Milchbauern noch in den Rücken, wenn er darauf dränge, die Quote vollkommen abzuschaffen. Fontaine dagegen, selber Milchbauer mit 150 Kühen, argumentiert, dass die Quotierung letztlich auch nichts gebracht habe. Vielmehr sei die Zahl der Milchbauern im Saarland trotz Quote in den vergangenen 25 Jahren von 1077 auf nur noch 230 zurückgegangen. Fontaine geht davon aus, dass der aktuell niedrige Milchpreis vor allem durch die Weltwirtschaftskrise bedingt ist und schon bald wieder steigen wird. Langfristig rechnet er damit, dass bei einer freigegebenen Produktion der Markt die Milchpreise effizienter reguliert als bei staatlicher Steuerung. "Wir wollen eine Marktpolitik, die sich an der benötigten Menge orientiert", sagte Fontaine.Gleichzeitig fordert er aber auch, die Wettbewerbsbedingungen in Europa anzugleichen. Es könne beispielsweise nicht sein, dass saarländische Bauern einen weit höheren Steuersatz auf Agrar-Diesel bezahlen als ihre französischen Nachbarn.Milchbauern-Sprecher Klaus Laub dagegen glaubt nicht, dass ein freier Markt das Problem der Überproduktion regeln wird. Statt die Quote zu erhöhen, müsse diese auf EU-Ebene so abgesenkt werden, dass nicht ständig über Bedarf produziert und dann der Überschuss in andere Länder exportiert werde, wo er dann zu Dumping-Preisen verkauft werde - was dortige Bauern in den Ruin treibe.Auch in Berlin ist der Milchstreit ein wichtiges Thema. Der Präsident des Deutschen Bauernverbands, Gerd Sonnleitner, und der Vorsitzende des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter, Romuald Schaber, treffen heute mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) zusammen, um über eine einheitliche deutsche Position im Milchkonflikt gegenüber der EU zu beraten. Auch sei es das Ziel, zu mehr Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Verbänden zu kommen, heißt es aus Berlin. Am Montag kommen die EU-Agrarminister zu einer außerordentlichen Sitzung in Brüssel zusammen, um über die niedrigen Milchpreise zu diskutieren. Meinung

Einfach zu viel Milch

Von SZ-RedakteurJoachim Wollschläger Marktwirtschaftlich scheint das Problem ganz einfach: Auf der einen Seite gibt es zu viel Milch, auf der anderen Seite die bösen Discounter, die für die Milch möglichst wenig Geld bezahlen möchten. Weil das Angebot die Nachfrage weit überschreitet, können die Discounter niedrige Preise durchsetzen. Gäbe es weniger Milch, wäre auch der Milchpreis höher. Das Problem ist aber, dass man Milchproduktion nicht einfach so verringern kann. Die Kühe sind da - und mit ihnen die Milch.Die Bauern rufen nun nach dem Erhalt der Milchquote in der EU - und begeben sich erneut in eine Abhängigkeit. Dabei ist die Quotierung auch keine Lösung, denn auch sie hat eine Überproduktion nie verhindern können. Letztlich ist unternehmerisches Denken bei den Milchbauern gefragt: Wenn sie Milch nicht mehr gewinnbringend produzieren müssen, brauchen sie neue Nischen. Die zu finden, sollte ihre vordringliche Aufgabe sein.

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