RWE muss Milliarden abschreiben

Essen · Weitere Hiobsbotschaft von RWE: Der Energieriese ächzt weiter unter der schwierigen Lage der Branche. Der Essener Konzern muss abermals Milliarden für seine konventionellen Kraftwerke abschreiben.

Die Lage beim Energiekonzern RWE spitzt sich weiter zu. Der Essener Stromriese - nationale Nummer zwei nach Eon - verliert Geld mit konventionellen Kraftwerken. Insgesamt kündigte RWE gestern Wertberichtigungen in Höhe von 3,3 Milliarden Euro an. Mit 2,9 Milliarden Euro entfällt der Großteil davon auf Kohle- und Gaskraftwerke. Erst im Herbst hatte es Abschreibungen in Höhe von 1,4 Milliarden Euro gegeben, auch hier war der Kraftwerkspark betroffen. Die Wertberichtigung könnte RWE nach Analysteneinschätzung sogar erstmals in die Verlustzone drücken. Equinet-Experte Michael Schäfer etwa rechnet mit einem Minus von etwa einer Milliarde Euro. Von RWE gab es dazu keinen Kommentar.

Der Vorstandsvorsitzende Peter Terium erklärte in einer Mitteilung: "In ganz Europa stehen derzeit vor allem Erdgas- und Steinkohlekraftwerke unter einem hohen wirtschaftlichen Druck." Er kündigte an, die Kosten des Kraftwerksparks weiter zu senken, um so die Ertragskraft zu steigern.

Viele Jahre zählte die Stromerzeugung zu den wichtigsten Gewinnbringern der Branche. Seine jetzt laufenden konventionellen Kraftwerke hat RWE mit rund 50 Euro pro Megawattstunde kalkuliert. Tatsächlich bringen die üblichen Stromliefer-Verträge für 2014/2015 aber nur 37 bis 38 Euro, weil die stark gewachsenen erneuerbaren Energien mit Macht auf den Markt und die Preise drücken.

RWE-Chef Terium sprach Ende vergangenen Jahres vom "Tal der Tränen" für sein Unternehmen. Bereits bekannt ist, dass RWE bis 2016 jede zehnte Stelle streichen will. Konzernweit sollen 6750 der zuletzt insgesamt rund 67 000 Arbeitsplätze wegfallen, verlagert oder durch Verkauf abgegeben werden, 4750 davon in Deutschland.

Die Lage des Unternehmens sei ernst, wenn auch nicht existenzgefährdend, sagt ein Insider. Schließlich hat RWE immer noch seine Gewinne aus dem Vertrieb, dem internationalen Strom- und Energiehandel und aus den Netzen. Der Anteil der konventionellen Erzeugung am Betriebsergebnis liegt bei RWE bei knapp einem Fünftel. Für die 2013er-Dividende hatten die Essener aber bereits eine Halbierung auf einen Euro je Aktie angekündigt und damit wütende Reaktionen einiger kommunaler Aktionäre geerntet. Die Millionen aus den RWE-Beteiligungen sind in den Stadthaushalten fest eingeplant. Noch weniger Ausschüttung geht aus Sicht vieler Kämmerer auf keinen Fall.

RWE steht in der Dividendenpolitik also mit dem Rücken zur Wand. Analysten fragen sich nur, wo das Geld für die Dividenden des Konzerns herkommen soll, wenn die Gewinne so stark schrumpfen. Das SPD-regierte Nordrhein-Westfalen hofft zur Besserung auf einen sogenannten Kapazitätsmarkt - das heißt Extra-Prämien für das Liefern einer gesicherten Stromleistung rund um die Uhr aus Kohle- oder Gaskraftwerken. Auch Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) betont in seinem Eckpunktepapier zur Ökostrom-Reform, dass mittelfristig ein solcher Hilfsmechanismus geschaffen werden könnte.

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