Rico und die Detektive

Saarbrücken · Andreas Steinhöfels vielgespieltes Stück „Rico, Oskar und die Tieferschatten“ läuft nun auch bei den Saarbrücker Überzwergen. Unter Bob Ziegenbalgs Regie wird daraus ein realitätsnaher, wunderbarer Bühnenkrimi ohne wilde Action.

 In Hochform: Nina-Mercedés Rühl, Reinhold Rolser, Nicolas Bertholet, Eva Coenen (v.l.). Foto: Bilderwerk

In Hochform: Nina-Mercedés Rühl, Reinhold Rolser, Nicolas Bertholet, Eva Coenen (v.l.). Foto: Bilderwerk

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"Ich bin tiefbegabt" sagt Rico, wenn ihn jemand für doof hält. Die Erklärung folgt auf dem Fuße: "Ich kann sehr viel denken, nur nicht sehr schnell." Nein, ADS oder sonst ein medizinischer Stempel passt nicht auf den aufgeweckten Zehnjährigen. Hat nicht jeder Mensch ein kleines Problem? Der Mommsen in Ricos Mietshaus etwa, der "fuselt". Ein anderer sammelt Steine. Der kleine Oskar wiederum, der eines Tages bei Rico auftaucht, trägt immer einen Motorradhelm. Schließlich stürzen 40 000 Menschen jährlich. Oskar kennt die Statistik. Er weiß viel, vielleicht zu viel. Denn er wiederum ist "hochbegabt", das macht ihn ängstlich. Andreas Steinhöfels - bereits auch verfilmtes - "Rico, Oskar und die Tieferschatten" ist ein wunderbares Stück, nicht nur für Kinder.

Es ein Stück zum Thema Inklusion zu nennen, wäre viel zu pädagogisch. Es macht Kindern Mut, die das Gefühl haben, anders zu sein. Es ist herrlich realitätsnah. Rico etwa hat eine alleinerziehende Mutter, die nachts arbeitet, auch das ist ziemlich normal. Außerdem hat das Stück nicht nur viel Sprachwitz mit Berliner Schnauze, es ist auch spannend. Kästner-Preisträger Steinhöfel verknüpft den Alltag mit einer Art moderner "Emil und die Detektive "-Geschichte. Regisseur Bob Ziegenbalg bringt vier Rico-Darsteller auf die Bühne. Auch andere Theater taten das schon, trotzdem bleibt es eine gute Idee. Wenn in Ricos Kopf die Gedanken wie in einer Bingotrommel hüpfen, sieht man seine drei anderen Ichs um ihn kreisen. Der Effekt geht aber weiter: Rico ist so nie alleine, ja gegenüber anderen in der Mehrheit und so erst recht kein "Einzelfall". Dass sich die Vier physiognomisch doch stark unterscheiden, hat man schnell akzeptiert. Neben Nicola Bertholet als ausdrucksstarkem Haupt-Rico schlüpfen Eva Coenen, Nina Mercedés-Rühl und Reinhold Roser in die anderen Rollen, als Mutter und diverse Nachbarn, in denen man sie auf Anhieb oft kaum wiedererkennt. Wandlungsfähig ist auch Ela Ottos Bühnenbild aus rollenden Wänden. Mal Schultafel zum Anzeichnen, mal mit Pflanzen oder Bettzeug beklebt, bringen sie die Stückräume prima auf den Punkt.

Als Rico seinen neuen Freund in den Händen eines fernsehbekannten Kinderentführers wähnt, wächst er über sich hinaus. Auch mit langsamem, dafür aber gründlichem Denken, schafft er es, den Fall - fast ganz - allein zu lösen. Ein Krimi, der ohne wilde Action auskommt. Damit er nicht zu glatt wird, enthält er eine falsche Fährte. Auch dafür muss man das Stück loben: Es macht Kinder nicht zu allmächtigen Heroen. Die Überzwerg-Truppe meistert alles in Hochform und das mit bemerkenswerter Leichtigkeit.

Termine und Karten unter (0681) 95 82 830.

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