Rettet der Vierte Pavillon Melcher?
Saarbrücken. Die härteste "Strafe" liegt vielleicht bereits hinter Ralph Melcher. Als "Kochkunsthistoriker von der Saar" hat ihn die FAZ dieser Tage in die Überschrift gehievt
Saarbrücken. Die härteste "Strafe" liegt vielleicht bereits hinter Ralph Melcher. Als "Kochkunsthistoriker von der Saar" hat ihn die FAZ dieser Tage in die Überschrift gehievt. Nicht im Feuilleton, denn dort wären im Text auch seine Leistungen als Museumsmann aufgetaucht: die Neupositionierung der Modernen Galerie als Ort für Zeitgenössisches, die historische Museumsmeile am Schlossplatz, die Organisations-Optimierung der Stiftung Kulturbesitz, die Verdoppelung der Besucherzahlen. Statt dessen klebt Melcher nun das Etikett des Spesenritters an, unabhängig vom Ausgang des noch nicht abgeschlossenen Prüf-Verfahrens. Ein massiver Karriereschaden, der den Völklinger Weltkulturerbe-Chef Meinrad Maria Grewenig (Foto: Dietze) alarmiert: "So geht man mit seinen Führungskräften nicht um. Das wirft kein gutes Licht auf das Saarland. Welcher gute Mann wird sich diesem Risiko aussetzen wollen?" Grewenig warnt vor Provinzniveau: "Treffen wir uns hier zu Lande zukünftig mit Sammlern und Künstlern an der Rostwurstbude?" Eine ähnliche Sorge äußert das Kuratoriumsmitglied Walter Koch (Foto: BuB). Er spricht von einer "Vorverurteilung", da es sich erst um einen vorläufigen Bericht handele. Den können die Kuratoren seit Donnerstag einsehen. Koch hat's getan. Für ihn ergibt sich folgendes Bild: Melcher habe guten Glaubens gehandelt, der Kosten-Aufwand sei für seine Aufgabe angemessen gewesen, selbst wenn in Einzelfällen "Zweck und Umfang" der Ausgaben zweifelhaft seien. Für Koch enthüllt der Bericht Entscheidenderes: Dass eine Kontrolle des Stiftungsvorstands im System nicht verankert sei. Tatsächlich ergaben SZ-Recherchen, dass außer dem Melcher unterstellten Verwaltungsdirektor niemand dessen Abrechnungen überhaupt einsah. Weder der Kurator noch ein Referatsleiter des mit der Rechtsaufsicht betrauten Kultusministeriums. Sie landeten in der Ablage.
Laut Satzung sollen die Kuratoren die Tätigkeiten des Vorstands "überwachen". Aber wie? Ehrenamtlichen ist das Studium des saarländischen Reisekostengesetzes schwerlich abzuverlangen. Soll der Kulturminister hunderte Spesen-Rechnungen gegenzeichnen? Eine Korrektur muss her, sagt Koch. Tatsächlich scheint eine neue, klare Verantwortungs-Struktur zwingend. Zugleich eine offensive Debatte darüber, dass für einen Museumschef zwar Regeln gelten müssen, aber nun mal andere als für das Gros der Landesbediensteten. Wer mit Stiftern und Sammlern über Picassos in Millionenwerten verhandelt, bewegt sich in einem Upper-Class-Umfeld. Die Augenhöhe muss stimmen, dafür hat der Dienstherr zu sorgen, womöglich durch Sonderklauseln im Anstellungs-Vertrag. Dies freilich korrekt und transparent für Landtag und Steuerzahler. Nicht wenige Museums-Chefs verfügen deshalb über einen Repräsentationsfonds. Doch über derart Grundlegendes herrschte Schweigen, von Saar-Kulturminister Karl Rauber (CDU) ebenso wie von seinen Vorgängern Jürgen Schreier (CDU) und Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU).
Letztere hat die 2007 gewährte exorbitante Gehalts-Erhöhung Melchers um über 3000 Euro zu verantworten. Fehlte auch hier das Augenmaß? Zumindest lassen sich Hintergründe erschließen. Zur Zeit der Vertragsverhandlungen herrschte bereits Krieg um das CDU-Vorzeige-Projekt Vierter Pavillon. Eine Trennung von Melcher wäre einem Offenbarungseid gleich gekommen. Man wollte, musste ihn halten. Schließlich galt das Saarland seit der bundesweit mit Empörung begleiteten Ablösung von Melcher-Vorgänger Ernst Gerhard Güse (2001) als heißes Museums-Pflaster. Melcher hatte man 2004 zudem einen enormen Leistungskatalog geschrieben. Er war nicht mehr "nur" Saarlandmuseums-Chef wie Güse, er übernahm auch in Personalunion die zuvor von einem zweiköpfigen ehrenamtlichen Stiftungs-Vorstand geführten Personal- und Finanz-Geschäfte sowie die strapaziösen, weil von der Opposition torpedierten Bau-Projekte: am Schlossplatz, beim Vierten Pavillon.
War Melcher mit dieser Mammut-Management-Aufgabe womöglich überfordert? Doch wer sollte, falls Melcher gehen müsste, sein ureigenstes Projekt, den Vierten Pavillon, kompetent weiterbetreuen? Kostspielige Bau-Verzögerungen wären absehbar. "In stürmischen Zeiten ist es gefährlich, den Steuermann zu wechseln", sagt Koch. Die Landesregierung dürfte ähnlich denken. Pragmatisch, nicht moralisch.
Auf einen Blick
Das Kuratorium der Stiftung wird von der Landesregierung berufen. Ihm gehören an: als Kurator Karl Rauber (CDU), Minister für Bundesangelegenheiten, Kultur und Chef der Staatskanzlei; seine Stellvertreter Jürgen Schreier, Minister a.D. und Ulf Huppert (FDP), Rechtsanwalt. Für den Beirat Prof. Dr. Inge Weber, Präsidentin der Gesellschaft zur Förderung des Saarländischen Kulturbesitzes und Dr. Walter Koch, Präsident der Vereinigung der Saarländischen Unternehmensverbände a.D. Außerdem Charlotte Britz (SPD), Oberbürgermeisterin von Saarbrücken; Michael Burkert (SPD), Geschäftsführung der Saarland-Sporttoto GmbH; Prof. Thomas Duis, Rektor der Hochschule für Musik Saar; Prof. Edwin Kohl, Vorstandsvorsitzender der Kohl Medical AG; Dr. Joachim Meinhold, Vorsitzender der Geschäftsführung der Saarbrücker Zeitung; Prof. Ivica Maksimovic, Rektor der Hochschule der Bildenden Künste Saar; Prof. Dr. Volker Linneweber, Präsident der Universität des Saarlandes; Daniela Schlegel-Friedrich (CDU), Landrätin des Landkreises Merzig-Wadern; Gerhard Wack (CDU), Staatssekretär im Ministerium für Finanzen. Zu den Sitzungen werden auch die jeweiligen Stellvertreter eingeladen, so dass maximal 23 Personen teilnehmen. ce