Rekord-Investitionen bei ZF an der Saar

Wellesweiler. Rüdiger Ecker (53) steht an einer brandneuen Maschine, kontrolliert gerade die Qualität der auf dem Band vorbeilaufenden Getriebe. Er gehört zu den ersten, die schon mit Start der Anlaufphase zu Jahresbeginn im neuen "ZF-Werk 5" die Arbeit aufgenommen haben

Wellesweiler. Rüdiger Ecker (53) steht an einer brandneuen Maschine, kontrolliert gerade die Qualität der auf dem Band vorbeilaufenden Getriebe. Er gehört zu den ersten, die schon mit Start der Anlaufphase zu Jahresbeginn im neuen "ZF-Werk 5" die Arbeit aufgenommen haben. Zwei ehemalige Werkshallen von Bauknecht werden gerade umgerüstet, damit ZF spätestens Ende 2012 in möglichst großer Anzahl im Drei-Schicht-Betrieb Bauteile für das Acht-Gang-Automatikgetriebe fertigen kann, das in Saarbrücken montiert wird. "Ich habe 33 Jahre für Bauknecht gearbeitet und bin froh darüber, dass mich ZF übernommen hat. Zumal ich am Arbeitsmarkt wohl nur schwer etwas gefunden hätte ", sagt Ecker. Drei Monate wurde er, wie alle anderen, umgeschult. Nur die Umstellung auf den Drei-Schicht-Betrieb sei neu. Getriebe zu bauen findet Ecker reizvoll.ZF-Betriebsratschef Wolfgang Schuler ist stolz. Es sei gelungen, alle bisherigen 244 Mitarbeiter von Bauknecht zu übernehmen. Und Schuler fügt hinzu: Er habe in den vergangenen 38 Jahren nirgendwo ein so starkes Wachstum erlebt wie bei ZF an der Saar.

Da strahlt ZF-Vorstandsmitglied Gerhard Wagner, der dies sogleich mit Zahlen belegt: 1,8 Millionen Automatik-Getriebe sollen 2012 von Saarbrücken aus weltweit verschickt werden: an Autobauer von BMW bis Jaguar. Das wäre ein neuer Produktionsrekord gegenüber den 1,4 Millionen hergestellten Getrieben im vergangenen Jahr. Da Chrysler als Kunde neu hinzugekommen ist, glaubt Wagner fest an dieses Ziel. Entsprechend strebt auch die Umsatz-Entwicklung neuen Höhen entgegen. 2011 waren es 2,4 Milliarden Euro, eine Steigerung von 25 Prozent gegenüber 2010. Die ehrgeizigen Produktionspläne erfordern Rekord-Investitionen. So sollen in diesem Jahr alleine 500 Millionen Euro an den ZF Standort im Saarland fließen, davon 100 Millionen Euro in das neue Werk Wellesweiler. Davon wiederum alleine 50 Millionen Euro in neue Anlagen. In kein Werk konzernweit werde so viel Geld investiert wie in den saarländischen Standort, erläutert Wagner. Entsprechend hoch seien auch die Erwartungen in der ZF Zentrale am Bodensee. Zumal nach den Worten von Wagner am Saarbrücker Standort an der Goldenen Bremm bereits die Vorarbeiten zum Start der nächsten Generation der Acht-Gang-Automatik-Getriebe begonnen haben. Die Fertigung dieser Getriebe soll 2018 im Saarland starten.

Personell stehen die Zeichen ebenfalls auf Grün. Dieses Jahr würden erneut 800 Leute eingestellt. Wagner und Arbeitsdirektor Hermann Becker wollen dies jedoch nicht zu hoch hängen. Man wolle nicht als Konkurrent zum saarländischen Mittelstand auftreten, zumal eine Region ihre Stärke durch die Vielfalt an Unternehmen entfalte. Doch auch die Saarländer - und wohl nicht nur sie - sehen offensichtlich ZF als besonders attraktiven Arbeitgeber an. Jährlich treffen 30 000 Initiativbewerbungen ein. Und auch Wagner selbst räumt ein: "Wir müssen unser Personal weiter ausbauen." Alleine 2011 sind 1000 Leute hinzugekommen. Mit jetzt 7000 Beschäftigten habe man auch hier einen neuen Rekord erreicht. Weiteren Bedarf an Flächen gibt es ebenfalls. Zu den 8000 Quadratmetern Produktionsfläche in Saarbrücken kommen mit der Einweihung einer neuen Halle Ende 2012 weitere 8000 Quadratmeter hinzu. Noch einmal 2000 Quadratmeter stehen für Büros zur Verfügung. Vorsichtshalber gibt es auch schon Gespräche mit der Stadt Neunkirchen über weitere Produktionsflächen neben dem Werk Wellesweiler. Foto: Becker&Bredel

Meinung

Zukunft liegt in der Industrie

Von SZ-RedakteurThomas Sponticcia

Der Erfolg des Getriebeherstellers ZF an der Saar mit immer mehr Kunden weltweit, hohen Investitionen und steigenden Personalzahlen zeigt eines: Für eine gute wirtschaftliche Zukunft des Saarlands ist es wichtig, eine industriefreundliche Politik zu betreiben. Es gibt viele Beispiele erfolgreicher Industrieunternehmen im Saarland wie etwa auch die Dillinger Hütte, Saarstahl oder Ford. Sie alle suchen immer neue Märkte für ihre Produkte, zeichnen sich durch Innovationen aus. Gleichzeitig stellen Industriebetriebe nach wie vor am meisten Personal ein. Die Bevölkerung ist gut beraten, Betriebs-Erweiterungen nicht zu blockieren. Und sich zur Industrie zu bekennen. Solch ein positives Klima könnte weitere Betriebe anlocken.

Hintergrund

Alle ehemaligen Bauknecht-Mitarbeiter wurden von ZF übernommen: 244 insgesamt. Nur einer hat das Angebot abgelehnt. Die jetzt in den Diensten von ZF stehenden Mitarbeiter bekommen nach Auskunft von ZF-Betriebsratschef Wolfgang Schuler ihre vollen Beschäftigungsjahre angerechnet, die sie zuvor bei Bauknecht tätig waren. Die erworbenen Besitzstände aus der Bauknecht-Betriebsrente werden sichergestellt. Auch die Einmalzahlungen seien bei ZF höher als bei Bauknecht, sagte Betriebsrat Schuler. ts

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