"Reich baut für Reich"

Berlin. Die Townhouses in der Hamburger Hafencity oder im Berliner Botschaftsviertel sind längst keine Ausnahme mehr. Wird in Deutschland gebaut, entstehen immer mehr Luxuswohnungen. Auch ohne goldene Wasserhähne und Dachterrasse liegen die Quadratmeter-Mieten bei weit mehr als zwölf Euro. Das gehe am Markt vorbei, kritisiert die Wohnungsbranche

Berlin. Die Townhouses in der Hamburger Hafencity oder im Berliner Botschaftsviertel sind längst keine Ausnahme mehr. Wird in Deutschland gebaut, entstehen immer mehr Luxuswohnungen. Auch ohne goldene Wasserhähne und Dachterrasse liegen die Quadratmeter-Mieten bei weit mehr als zwölf Euro. Das gehe am Markt vorbei, kritisiert die Wohnungsbranche. "Es wird viel zu wenig für die Gruppe gebaut, die wenig Einkommen hat", sagt der Präsident des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW), Axel Gedaschko. Die Folge: Fürs bezahlbare Wohnen müssen viele Mieter Lebensqualität aufgeben.Bei den 3000 GdW-Mitgliedsunternehmen entstehen inzwischen rund 43 Prozent der Wohnungen im oberen Preissegment. In Ballungszentren wie München könnten die Durchschnittsmieten sogar noch deutlich über den zwölf Euro pro Quadratmeter liegen, betont Sven Vogel vom Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen. "Wenn Sie neu bauen, können Sie derzeit keinen Wohnraum unter sechs Euro anbieten", sagt er. Zu hoch seien Auflagen, Grundstückspreise und andere Kosten. "Den Unternehmen laufen die Kosten aus dem Ruder." Leidtragende sind die Mieter. "Es gibt Leute, die geben ihre Hobbys auf, um dort wohnen zu können, wo sie gern möchten", hat Vogel erlebt. Andere müssten bereits die Hälfte ihres Einkommens für Miete abzweigen. Einfach die Quadratmeterpreise zu deckeln - wie Mieter vorschlagen - hilft aus Sicht der Wohnungsunternehmen aber auch nicht. "Dann baut einfach keiner mehr neue Wohnungen." Und die werden dringend gebraucht.

"Reich baut für Reich", fasst Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund das Luxuswohn-Problem zusammen. Was fehle, sei sozialer Wohnungsbau und preiswertes Wohnen für junge Familien. Da müssten die Immobilienunternehmen bei den Rendite-Erwartungen auch mal Abstriche machen, meint Ropertz. "Der Markt alleine wird nicht dafür sorgen, dass wir mit preiswerten Wohnungen überschwemmt werden."

Gerade in Großstädten kommt ein weiteres Problem hinzu: Auf der Suche nach einem sicheren Hafen drängen Investoren aus Krisenstaaten auf den Markt und treiben häufig die Preise in die Höhe.

Doch nicht nur beim Neubau scheint die Grenze des Machbaren bald erreicht. "Wir sanieren derzeit noch preiswerte Bestände systematisch vom Markt", sagt Gedaschko. Die Wohnungsunternehmen sollten - politisch gewollt - immer mehr Geld in energetische Gebäudesanierung stecken. Die Folge laut Vogel: Steigende Mieten, "denn das Geld schenkt ihnen ja keiner". Sozialleistungsempfänger und Mieter mit geringerem Einkommen würden zunehmend verdrängt.

Was kann helfen? Die Wohnungsbranche setzt auf steuerliche Anreize und die verbesserte steuerliche Abschreibung von energetischer Gebäudesanierung. Seit Monaten ringen Bund und Länder um den Steuerbonus - bisher ergebnislos. Für viele Mieter wird die Regelung zu spät kommen. Einige Berliner suchen bereits ihren eigenen Weg: Aus Protest gegen steigende Mieten in Kreuzberg sind sie in eine Bretterbude gezogen und campieren seit Wochen auf dem Bürgersteig.

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