Rapper Drehmoment macht sich auf neuem Album „Pffh“ Luft – Konzert am Samstag

Saarbrücken · Seit 15 Jahren macht Markus Trennheuser (31) als „Drehmoment“ anspruchsvollen Hip-Hop. Jetzt hat der Saarlouiser sein fünftes Album vorgelegt. Ein Gespräch über den schwierigen Weg zum Erfolg in einer hochkommerzialisierten Szene.

 Drei von 30 Bildern auf Drehmoments Homepage mit einem Spruch, zum dem der Kommentar „Pffh“ (Titel des Albums) passt.

Drei von 30 Bildern auf Drehmoments Homepage mit einem Spruch, zum dem der Kommentar „Pffh“ (Titel des Albums) passt.

 Die rappende Handpuppe Tufac ist Drehmoments Sprachrohr, sein Alter Ego. Fotos: Trennheuser/Guldner

Die rappende Handpuppe Tufac ist Drehmoments Sprachrohr, sein Alter Ego. Fotos: Trennheuser/Guldner

Dieser Typ hat was zu sagen. So viel, dass er kaum hinterherkommt, seine Botschaften in Musik umzusetzen. "Dieser riesige Output hört nicht auf, es muss raus…" singt Drehmoment in "Mehr als nur Show", dem Intro-Track auf seinem neuesten Album "Pffh". Darauf gibt der Rapper aus Saarlouis wieder viel von sich preis. Nach dem eher melancholisch-nachdenklichen, poetischen Vorgängeralbum "Blaue Stunde" ist "Pffh" ein trotziges, zorniges, manchmal aggressives Statement, eine Abrechnung mit dem tumben deutschen Hip-Hop-Establishment, das Künstlern wie Drehmoment mit seinen gesellschaftskritischen, philosophisch-lyrischen Texten kaum Chancen gibt. Drehmoment hat diese Erfahrungen in den neuen Songs verarbeitet. Er zeigt hier - in guter alter Hip-Hop-Battle-Tradition - den Rüpel-Rapper-Kollegen den musikalischen Stinkefinger nach dem Motto "Innovativ statt sexistisch-aggressiv".

Besonders stolz ist er auf einen Titel, den er mit der deutschen Reggae-Legende Gentleman aufgenommen hat. "Hip-Hop ist sehr vielseitig. Bei weitem nicht alle Hip-Hopper sind homophobe, sexististische Schwachmaten, im Gegenteil", verteidigt Drehmoment seine Musikkultur. Das Bittere allerdings sei, dass sich gerade das Vulgäre prima vermarkten ließe. Rapper wie zum Beispiel der immerzu pöbelnde Bushido mit seinen äußerst fragwürdigen Einstellungen zu Frauen und Gewalt hätten deshalb Erfolg. Und so rechnet Drehmoment beim "Mikecheck" ab mit den unterbelichteten Talenten seiner Zunft, denn "Alles muss raus". "Das Album ist 100 Prozent ernst gemeint", sagt er.

Und es ist 100 Prozent authentisch: ein offenes Buch über das Seelenleben dieses sensiblen, kreativen Rap-Poeten, der nicht nur vom amerikanischen Rap-Star Eminem , sondern auch von den berührenden, sinnkomprimierenden Texten Herbert Grönemeyers und sogar von Udo Jürgens schwärmt. "Ich bin ein enttäuschter Romantiker, weil ich der Realität ins Auge sehe", sagt Drehmoment über sich selbst. Mit "hoffnungsvoller Melancholie" schafft er tiefgründige virtuose Wortspiele und fantastische Sprachbilder, die er in teils atemberaubendem Tempo rappt. Drehmoment ist politisch - und gerne auch politisch-inkorrekt. Alles wird hinterfragt. Es geht um Medienmacht und Meinungsfreiheit, Toleranz, Religion und Krieg. Um Weltschmerz, Wut und Resignation. Es sind auch die großen Themen, die Drehmoment umtreiben. Zwar kommt seine Musik nicht ganz ohne die dem Hip-Hop eigene Vulgärsprache aus, doch der Künstler setzt sie als Stilmittel ein.

Diesem Hip-Hopper der ersten Generation geht Authentizität über alles. In "Studentengangster" nimmt der diplomierte Kulturwissenschaftler sich selbst auf die Schippe, wenn es heißt: "Mein Vater ist Arzt, scheiße jetzt hab' ich's gesagt. jetzt krieg' ich nie wieder nen Dealer oder einen Vertrag". Markus Trennheuser passt nicht in die Schablone des Ghetto-Kindes, das über den Hip-Hop aus dem Verlierer-Milieu aufsteigt. Die Szene macht es dem Arztsohn und Hörfunkjournalisten mit den intelligenten Texten deshalb nicht leicht. Leben lässt es sich vom Hip-Hop deshalb nicht, im Gegenteil. Für die Produktion des neuen Albums inklusive professioneller Video-Clips hat Trennheuser 20 000 Euro investiert. Immerhin ist er zurzeit mit mehreren Booking-Agenturen im Gespräch, sucht ein seriöses Management, das ihm nicht nur Knebelverträge anbietet.

Je höher die Hürden, umso wichtiger sei es, authentisch zu bleiben, sein Ziel nicht aus den Augen zu verlieren, Schubladendenken abzulegen: "Jedem das Seine, Ihr könnt ja an die Leine. Ich bleibe Träumer, von mir aus ganz alleine. Ich stehe fest mit beiden Beinen auf Wolke sieben, immerhin gibt es Fische, die fliegen… Ich scheiß auf den hohen Zaun, ich schau einfach drüber weg, schließlich hab' ich nen großen Traum und der handelt von Texte schreiben und ehrlichem Hip-Hop auf großen Bühnen", heißt es in "Mein Traum". Ja, der Typ hat einfach viel zu sagen.

Konzert mit Drehmoment am Samstag, 20.30 Uhr, Stummsche Reithalle Neunkirchen.

drehmoment-musik.de

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