RAG treibt erneuerbare Energien voran

Saarbrücken. Die RAG wandelt sich vom Bergbau-Konzern zum Großunternehmen im Bereich Neue Energien. Gestern hat das Unternehmen angekündigt, auf 310 Hektar Bergbaufläche im Saarland Solaranlagen mit einer Leistung von insgesamt 180 Megawatt zu bauen

Saarbrücken. Die RAG wandelt sich vom Bergbau-Konzern zum Großunternehmen im Bereich Neue Energien. Gestern hat das Unternehmen angekündigt, auf 310 Hektar Bergbaufläche im Saarland Solaranlagen mit einer Leistung von insgesamt 180 Megawatt zu bauen. "Wir bedauern, dass die Kohleförderung in Deutschland keine Zukunft mehr hat", sagte RAG-Chef Bernd Tönjes gestern am Standort der RAG Montan Immobilien in Sulzbach. "Aber wir schauen natürlich, was man alternativ machen kann. Und wir waren überrascht über die vielen Ansatzpunkte bei den erneuerbaren Energien, die sich auf den Bergbauflächen realisieren lassen."Die Installation von Photovoltaik-Anlagen ist der erste Schritt in einem umfassenden Energiekonzept, das auch noch Windkraftanlagen und die Errichtung von Pumpspeicherkraftwerken umfasst. Noch in diesem Jahr sollen 17 Solarparks auf 160 Hektar Bergbaufläche entstehen, sagte Hans-Peter Noll, Vorsitzender der Geschäftsführung der RAG Montan Immobilien, die das Projekt betreut. Diese Solarparks hätten bereits eine Leistung von 90 Megawatt. Im Februar soll eine Entwicklungsgesellschaft gegründet werden, die den Bau der Photovoltaik-Anlagen vorantreibt. Die RAG veranschlagt dafür Investitionen in Höhe von rund 170 Millionen Euro. Nach 2012 sollen dann die übrigen 150 Hektar ausgebaut werden. "Wir gehen davon aus, dass wir das Potenzial der gesamten 310 Hektar heben können", sagte Noll.

Der geplante Ausbau würde die derzeitige Solarleistung im Saarland fast verdoppeln. Ende 2010 waren 165,5 Megawatt installiert, im vergangenen Jahr sind nach Schätzung der Arge Solar rund 65 Megawatt dazugekommen. Zum Vergleich: Der Block 1 des Kraftwerks Ensdorf hat eine Leistung von 120 Megawatt. Block 3 kann eine Leistung von 310 Megawatt erzeugen.

Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) lobte die Pläne als "wichtiges Signal für das Land". "Kohle war als Rohstoff unser Teil, den wir zum Wirtschaftswunder beigetragen haben", sagte sie. Jetzt zum Ende des Bergbaus gebe es mit dem RAG-Engagement ein klares Signal: "Das Saarland bleibt Energieland."

Für die Umsetzung hat die RAG jetzt einen engen Zeitplan gesetzt. Denn vor Baubeginn muss das Unternehmen Gespräche mit den betroffenen Kommunen führen, die den Bau genehmigen müssen. "Die Akzeptanz bei den Bürgern ist ganz wichtig", sagte Noll. Ohne sie wird das Projekt nicht zu realisieren sein. Deshalb will die RAG auch transparent über die Planungen informieren und auch Bürgerbeteiligungen an den Projekten ermöglichen. Auch werde die RAG die örtlichen Unternehmen beim Bau der Anlagen einbinden.

Der Ausbau der Solarenergie soll aber nur der erste Schritt in einem Gesamtkonzept erneuerbarer Energien sein. "Zurzeit laufen Untersuchungen für den Bau von Windanlagen auf den Bergehalden", sagte Tönjes. Diese hoch gelegenen Standorte seien besonders gut geeignet. Als drittes Standbein untersucht die RAG zudem die Folgenutzung der Schächte in Form von Pumpspeicherkraftwerken. "Hier sind wir noch in der Anfangsphase. Allerdings gehe ich davon aus, dass wir in drei Jahren Konzepte vorlegen können." Für die Halde Luisenthal ist bereits eine Machbarkeitsstudie für ein übertägiges Pumpspeicherkraftwerk in Auftrag gegeben, doch "das ist ein relativ kleiner Speicher".

Deutlich interessanter wäre es laut Tönjes dagegen, die bestehenden Schächte als Pumpspeicher auszubauen. Die Funktionsweise dieser Kraftwerke ist vergleichsweise einfach: In Zeiten mit hohem Strombedarf fließt Wasser aus einem Speichersee über Tage in den Schacht und treibt dort Hochleistungsturbinen an. Steht viel Strom zur Verfügung, wird das Wasser in den Speichersee zurückgepumpt. Auf diese Weise können die hohen Stromschwankungen, die durch die erneuerbaren Energien bedingt sind, ausgeglichen werden. Doch sind hier laut Tönjes noch viele Fragen offen: So gibt es zurzeit noch keine Turbinen, die für eine Fallhöhe von 1500 Meter konzipiert sind. Auch sind zahlreiche geologische Fragen zu klären. Letztlich sei es aber klar, dass für die Energiewende auch die Netze und ganz besonders die Speicherkapazitäten ausgebaut werden müssten.

Der Hoffnung, dass bei dem Engagement in erneuerbare Energien auch die Verlegung von RAG-Mitarbeitern überarbeitet werden könnte, erteilte Tönjes eine Abfuhr. "Dies ist ein entwickelter Markt, in dem Spezial-Know-how gefragt ist." Foto: Becker & Bredel

"Ich gehe davon aus, dass wir in drei Jahren Konzepte für Pumpspeicher vorlegen können."

RAG-Chef

Bernd Tönjes

Hintergrund

Bei der Photovoltaik steht die RAG unter Zeitdruck. Die Politik will die Förderung der Solarenergie zurückschrauben. Derzeit werden Anlagen auf Konversionsflächen wie denen der RAG mit 18,76 Cent pro Kilowattstunde vergütet.

Die Nutzung der Schächte als Pumpspeicherkraftwerke ist erst mit dem Ende des Bergbaus aufgekommen. Hier gilt es noch zu klären, inwieweit der Schacht ertüchtigt werden müsste, um der hohen Belastung durch das Wasser standzuhalten. Auch müsste unter Tage ein Speicher für das Wasser gebaut werden. Wahrscheinlich ist eine Lösung, bei der eine große Kaverne direkt am Schacht gebaut wird.

Geprüft wird auch die Nutzung als Druckluftspeicher. Hier würde mit überschüssigem Strom Luft in den Schacht gepumpt und so ein hoher Druck aufgebaut, der dann bei Strombedarf Turbinen treiben kann. Ausschließen will Tönjes die Nutzung von Geothermie, also Tiefenwärme. Dafür sei im Saargebiet die Temperatur mit rund 30 Grad nicht hoch genug. jwo

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort