Qualität braucht ein Siegel

Saarbrücken · Der saarländische Landesverband deutscher Musikschulen (VdM Saar) feiert in diesem Jahr ein rundes Jubiläum: „60 Jahre Musikschulen im Saarland“. Wie sehen Geschichte und Zukunft des Verbands aus?

 Dieter Boden, Musikschulleiter im Landkreis Merzig-Wadern (l.), und Thomas Kitzig, Leiter in Saarbrücken. Foto: Karger

Dieter Boden, Musikschulleiter im Landkreis Merzig-Wadern (l.), und Thomas Kitzig, Leiter in Saarbrücken. Foto: Karger

Foto: Karger

"Wer die Musik nicht liebt, verdient nicht, ein Mensch genannt zu werden. Wer sie nur liebt, ist erst ein halber Mensch, wer sie aber treibt, ist ein ganzer Mensch." Das soll Goethe dem Musiker Joseph Pleyer gesagt haben. Die wichtige Rolle der Musik bei der Menschwerdung bestätigen Studien und beteuert die Politik. Musik mache schlau ("Bastianstudie" aus dem Jahre 2000, Musik und ihre Wirkung) und sie zivilisiere.

Das Gründungsjahr der Musikschule der Landeshauptstadt Saarbrücken ist nun Anlass, "60 Jahre Musikschulen im Saarland" zu feiern. 1954 hat sie Alfred Stilz als "Musikschule für Jugend und Volk e.V." als eine Art Netzwerk gegründet; denn Privatlehrer, die jeder für sich agierten, hatten immer Mühe, ausreichend Schüler zu finden, sagt Sohn Bernhard Stilz, der heute den Fachbereich Blasinstrumente und Alte Musik leitet. 1954 stand das Saarland noch unter französischem Protektorat. Geprägt war Alfred Stilz' Musikschule aber eher von der Wandervogelbewegung als vom staatlich gelenkten Leistungsgedanken der französischen Conservatoires. Freies und frohes Musizieren oder Instrument gegen gesellschaftliche Verwerfungen - heutige Musikschulen leisten beides und organisieren es selbst. Kommunale Trägerschaft sichert die Teilfinanzierung über öffentliche Zuschüsse und formuliert einen öffentlichen Auftrag. Umgesetzt wird der von den über Jahrzehnte gewachsenen Institutionen. Der Verband deutscher Musikschulen - Landesverband Saar (VdM Saar) bündelt diese Aktivitäten.

Dieter Boden, Leiter der Musikschule im Landkreis Merzig-Wadern, und Thomas Kitzig, Leiter der Saarbrücker Musikschule, sind Studienkollegen, Freunde und Vorstände des Verbandes, dessen Richtlinien zur Zeit fünf weitere Musikschulen im Saarland entsprechen: Homburg, Sulzbach. Püttlingen, St. Wendel, Obere Saar. Dieter Boden formuliert ein Hauptanliegen: "Wo Musikschule drauf steht, soll auch Musikschule drin sein", eine staatliche Anerkennung solle unabhängig von finanzieller Förderung als "Qualitätssiegel" fungieren, das die strikten Kriterien, die die Verbandsschulen sich auferlegen, nach außen sichtbar macht. Durch qualifizierte Lehrer mit abgeschlossenem Hochschulstudium, das durch annehmbare Arbeitsverträge gebunden wird und so Kontinuität gewährleistet, sowie Vielfalt und Bezahlbarkeit des Angebots - diese Maßgaben formulieren Kitzig und Boden. Das heißt: Knappe Kassen sollen kein Hinderungsgrund sein, über einen langen Zeitraum ein ungewöhnliches Instrument wie Fagott bei guten Lehrern spielen zu lernen. Die Musikschulen finden laut Boden Strategien, "eine Institution zu sein, die sich von Kindesbeinen an kümmert". Das Projekt "Singen macht Schule" etwa will "alle Bürger einer Gemeinde erreichen, und alle Menschen erreichen Sie nur in der ersten Klasse der Grundschule," erklärt Boden die Arbeit der Merziger Musikschule: Die geht in die Grundschulen, um gemeinsam mit den Grundschullehrern den Musikunterricht zu gestalten, und bringt so alle Kinder zum Singen. Nicht nur die, die im Elternhaus ans Musizieren herangeführt werden. 60 bis 70 Prozent der Kinder blieben ab der zweiten Klasse in den entstehenden Schulchören, sagt Boden. Viele finden den Weg in die Musikschulen.

Die Grundschulprojekte funktionieren auch mit Instrumenten. Thomas Kitzig erlebt es so: "In dem Moment, wo die Kinder zusammen musizieren, sind soziale Herkunft oder eine Behinderung etwa nicht mehr wahrnehmbar, die sind dann eins." Und selbst dem wildesten Rabauken sei seine Geige heilig. Kooperationen dieser Art bieten sich auch für weiterführende Schulen an, Dieter Boden, Thomas Kitzig und die Kollegen arbeiten dran.

Den Auftakt zu den Feiern bildet ein Konzert von Stipendiaten der Dr. Meisch Stiftung am kommenden Sonntag um 11 Uhr in der Hochschule für Musik Saar (HfM). Der Eintritt ist frei. www.musikschulen-saar.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort