Putsch von innen

Meinung · Der Islamische Wächterrat hat sich festgelegt. Eine Wiederholung der umstrittenen Präsidentenwahl im Iran schloss er gestern definitiv aus. Demonstrationen wegen des von der Opposition vermuteten Wahlbetruges werden mit zunehmender Gewalt unterdrückt

Der Islamische Wächterrat hat sich festgelegt. Eine Wiederholung der umstrittenen Präsidentenwahl im Iran schloss er gestern definitiv aus. Demonstrationen wegen des von der Opposition vermuteten Wahlbetruges werden mit zunehmender Gewalt unterdrückt. Die Opposition gegen den alten und nun wohl auch neuen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad ist in einer schwierigen Lage, doch keiner der unterlegenen Präsidentschaftskandidaten hat bisher aufgegeben. Warum sind Männer wie Mussawi, die zu den Insidern des Systems gehören, trotz eines hohen politischen und persönlichen Risikos derart halsstarrig? Alleine um die Einhaltung demokratischer Spielregeln kann es nicht gehen, Iran war seit jeher weit entfernt davon, eine lupenreine Demokratie zu sein. Vor allen Wahlen streicht der Wächterrat die Kandidatenlisten gerade so zusammen, dass sich mit dem verbleibenden Personal möglichst wenig ändert und es doch noch etwas Konkurrenz gibt, damit die Leute auch wählen gehen.Doch diesmal hat die Opposition das Gefühl, dass etwas anders geworden ist, dass am Ergebnis nicht nur im voraus justiert wird, sondern dass es diktiert wird. Deshalb spricht Mussawi von einer "gefährlichen Farce" und von einem "Putsch". Vorher war das System zwar nur beschränkt demokratisch, aber nicht monolithisch. Nun sehen sich die verschiedenen Fraktionen des Regimes an die Wand gedrängt, weil sich der religiöse Führer Ali Chamenei für eine Kraft entschieden hat, den Radikalen Ahmadinedschad. Deshalb dieser heftige Widerstand aus den Reihen der Insider gegen die Wahl. Erst diese Spaltung des Systems hat es ermöglicht, dass die Protestbewegung ein paar Tage relativ freien Lauf hatte. Nun hat die Staatsmacht wieder ängstlich die Zügel angezogen. Doch noch ist der Ausgang nicht gewiss, denn auch innerhalb des Regimes ist die Konfrontation noch nicht zu Ende. Noch wagt Ahmadinedschad es nicht, seine Gegner einfach alle verhaften zu lassen.Von außen kann man in dieser Situation nicht viel tun. Das Regime ist begierig, seinen inneren Konflikt als einen Kampf mit bösen Mächten im Ausland darzustellen. Andererseits warten viele im Iran auf Zeichen der Solidarität. Es ist daher nicht die Zeit für Offerten wie die vom Iran nicht wahrgenommene Einladung zum G 8 Gipfel in Italien. Auch die Lieferung technischer Güter müsste intensiver überprüft werden: Es ist kein Ruhmesblatt, wenn das Regime nun die Technik eines deutsch-finnischen Unternehmens gebraucht, um das Verhalten der Iraner im Internet auszukundschaften. Die Iranerinnen und Iraner verdienen mehr Solidarität.

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