Prozess gegen Ex-Bankchefs endet ohne Urteil

Stuttgart · Der Steuerzahler musste in der Finanzkrise die Landesbank Baden-Württemberg stützen. Der Prozess gegen die damals Verantwortlichen der Bank endete nun, wie viele Wirtschaftsverfahren, in einer Grauzone.

Skrupellos sollen sie Milliarden verzockt haben, bis schließlich der Staat einspringen musste: Mehrere Jahre nach der schweren Finanzkrise laufen noch etliche Prozesse gegen ehemalige Bankmanager. Doch bislang gibt es kaum Fälle von Führungskräften, die wegen Fehlverhaltens rechtskräftig verurteilt wurden. Denn was sich am Stammtisch einfach anprangern lässt, stellt sich im Gerichtssaal unter Umständen anders und viel komplizierter dar.

Neben der einstigen Führungsriege der Bayern-LB stehen derzeit auch Manager der HSH Nordbank vor Gericht, die Verfahren ziehen sich in die Länge. Bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) hat die Justiz das Thema jetzt abgehakt. Nach gut zwei Monaten Verhandlungsdauer stellte das Stuttgarter Landgericht gestern das Verfahren gegen Ex-LBBW-Chef Siegfried Jaschinski und weitere ehemalige Vorstände vorläufig ein. Der Vorsitzende Richter hatte den Bankmanagern bereits in der Verhandlung zugestanden, dass sie auf dem Höhepunkt der Finanzkrise in einer nie dagewesenen Situation gehandelt hätten. Im Laufe des Prozesses waren die Manager von einem Gerichtsgutachter mehrfach entlastet worden. Die Wirtschaftsstrafkammer hatte deshalb vorgeschlagen, das Verfahren - gegen eine Geldauflage - einzustellen.

Die Staatsanwaltschaft stimmte dem Vorschlag nach längerem Zögern zu. Die Verteidigung begrüßte das Ende des Verfahrens. Jaschinski muss 50 000 Euro an gemeinnützige Einrichtungen zahlen, die übrigen Vorstände der Landesbank 40 000 Euro. Für die beiden mitangeklagten Wirtschaftsprüfer wurden 20 000 Euro festgelegt. Sobald das Geld bezahlt worden ist, wird das Verfahren endgültig zu den Akten gelegt .

Die Anklage hatte den Vorständen zur Last gelegt, die Lage der größten deutschen Landesbank im Konzernbericht 2008 geschönt und Risiken aus Zweckgesellschaften in den Bilanzen 2005 und 2006 nicht richtig dargestellt zu haben. Die Angeklagten hatten die Vorwürfe stets zurückgewiesen. Sie betonten immer, legal gehandelt zu haben.

Gerichtsgutachter Mark Wahr enburg hatte zwar das Risikomodell der Bank bemängelt. Er sagte aber auch, dass die Aufsichtsbehörden den Banken damals große Spielräume gelassen hätten. Erst Jahre später legten die Aufseher aufgrund der in der Finanzkrise gewonnenen Erkenntnisse mit neuen Vorgaben nach. Die Manager der Bank reizten die damaligen Spielräume aus. Am Ende musste die LBBW mit Milliarden vom Land, der Stadt Stuttgart und den Sparkassen gestützt werde n.

"Oftmals liegt gar keine Straftat vor, auch wenn das wirtschaftliche Handeln rückblickend unklug erscheint", erklärt Rechtsanwalt Sascha Kuhn von der Kanzlei Simmons & Simmons. In Wirtschaftsprozessen prallten die Denkweisen von Justiz und Wirtschaft aufeinander, erklärt er: "Es geht immer um die Frage: Wie hoch war die Wahrscheinlichkeit, dass etwas eintreten würde? Das Wirtschaftsstrafrecht tut sich schwer mit dem Thema Risiko." Entscheidungen unter Unsicherheit gelten aber als eine Grundlage unternehmerischen Handelns.

Daher "laufen sich die Verfahren häufig in grauen Zonen aus", sagt Matthias Jahn, Juraprofessor an der Universität Frankfurt. Das Ergebnis: Vergleiche, eine Teilverurteilung oder eine Einstellung des Prozesses - wie im Fall de r LBBW.

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