Prima Klima in der saarländischen Kultur?

Saarbrücken. In der saarländischen Kultur wird es lautstärker zugehen. Diese Prognose sei mit Blick auf das Temperament des designierten Kulturministers Karl Rauber (57) gewagt. Ist er eine Fehlbesetzung, weil angeblich zu wenig kulturgeneigt? Welchem seiner Vorgänger hätte man dies nicht nachsagen können? Dabei trifft man Rauber nicht nur in Bayreuth, sondern häufig auch hier in der Oper

Saarbrücken. In der saarländischen Kultur wird es lautstärker zugehen. Diese Prognose sei mit Blick auf das Temperament des designierten Kulturministers Karl Rauber (57) gewagt. Ist er eine Fehlbesetzung, weil angeblich zu wenig kulturgeneigt? Welchem seiner Vorgänger hätte man dies nicht nachsagen können? Dabei trifft man Rauber nicht nur in Bayreuth, sondern häufig auch hier in der Oper. Außerdem hat er als Staatskanzlei-Chef mit Totomitteln bisher schon nicht eben wenige Projekte gestützt, etwa die Merziger Oper im Zelt oder die Musical-Uraufführungen von Frank Nimsgern. Populäres und Glamouröses also, mit der Alternativ- oder der Intellektuellen-Szene dürfte Rauber sich schwer tun. Wie generell wohl eher klimatische Probleme zu erwarten sind. Die Beobachtung, ob und wie Raubers robuster Führungsstil kompatibel ist mit den filigranen Persönlichkeits-Strukturen etwa eines Stiftungschefs oder von Kunsthochschul-Rektoren, dürfte mit zum Aufregendsten zählen, was in der Jamaika-Kulturpolitik abläuft. Denn die zeigt sich im Koalitionsvertrag von jedem Neuerungs-Ehrgeiz befreit. Auch Rauber kann bekanntes Terrain beackern. Industriekultur lief nämlich bisher schon unter seinem Management. Das Völklinger Weltkulturerbe gut, die "Zukunftsorte" Reden und Göttelborn mit dem fatalen Ergebnis einer Kultur-Ausdünnung. Ein böses Omen? Zumindest ein Verdachts-Moment gegen den neuen Minister. Andererseits wird endlich die Einbindung dieses Themenbereichs ins Kulturressort möglich, nein verpflichtend. Packt Rauber das an? Organisatorisch ist Folgendes geplant: Die 30-köpfige Kulturabteilung des Kulturministeriums zieht in die Staatskanzlei um und wird als eigenständige Abteilung geführt, wohl von der jetzigen Kultur-Abteilungsleiterin Helga Knich-Walter. Sie kehrt an ihren Startpunkt von 1999 zurück. Damals war sie die Chefin einer Stabsstelle mit direkter Anbindung an Ministerpräsident Peter Müller. Eine Fehlkonstruktion, denn zugleich beackerten noch ein Kultusminister und ein Kulturberater (Michel Friedmann) das Gärtchen. Nach drei Jahren beendete Müller den Parallel-Spuk. Das künftige Modell bringt klarere Strukturen und eine Minister-Zuständigkeit. Dadurch unterscheidet es sich auch vom SPD-Vorschlag. Ein Ministerpräsident Heiko Maas wollte ebenfalls die Kulturabteilung des Ministeriums zur Staatskanzlei ziehen, sie aber selbst regieren - kaum mit genügend Kraft. Das dürfte bei Rauber anders laufen. Pikant bleibt, dass die CDU, der man vorwirft, die Bildungspolitik der Grünen umzusetzen, nun auch noch die SPD-Kulturpolitik realisiert.Aber warum kam das so? Die allgemein anerkannte Kultusministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) räumte das Feld ungern. Denn die Kultur hat ihr, wie sie gegenüber der SZ sagt, einen ungeahnten persönlichen Mehrwert gebracht: Horizonterweiterung, Kontakte mit spannenden Persönlichkeiten. Eine Vertreibung aus dem Paradies war es dann aber wohl doch nicht. Es ging um vermittelbare Ministeriums-Zuschnitte. Hätte Müller Kramp-Karrenbauer zusätzlich zu Sport und Prävention auch noch die Kultur ins Körbchen (Frauen, Familien, Arbeit, Soziales) gepackt, hätte sich neben ihr jeder Minister-Kollege degradiert gefühlt. Da nimmt man lieber eine "Herabstufung" der Kultur vom Ministeriums-Rang in Kauf. Rauber hat die Chance, sie wieder aufzurichten.

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