Leserbrief Angela Merkels Rücktritt als Parteivorsitzende Merkel will 2021 wieder kandidieren

Obwohl ich diesen Moment seit Jahren herbeisehne, verspürte ich bei der Nachricht vom angeblichen politischen Rückzug Merkels keine Erleichterung. Vielmehr bin ich überzeugt, dass Angela Merkel am Tag nach der Hessen-Wahl ein machtpolitisches Glanzstück gelungen ist und es geschafft hat, einer ganzen Nation Sand in die Augen zu streuen. Nach den dramatischen Einbußen bei den jüngsten Wahlen war ihr bewusst, dass sie als Parteivorsitzende der CDU nicht mehr tragbar ist. Zeit für „Plan B“: Der Verlust diesen Postens ist verschmerzbar, zumal Merkel nach ihrem vermeintlich uneigennützigen Rückzug Sympathien in ihrer Partei genießen darf, die es ihr ermöglichen, „ihre“ Kandidatin, Annegret Kramp-Karrenbauer, als neue Parteichefin durchzusetzen. Für Merkel hat die Aufgabe dieses Amtes den Vorteil, dass sie für die Parteientwicklung nicht mehr hauptverantwortlich gemacht werden kann. Kramp-Karrenbauer hat sehr gute Chancen auf den Parteivorsitz, zumal sie alleinige Kandidatin des bürgerlich-liberalen CDU-Lagers ist, ihre Gegenkandidaten Merz und Spahn machen sich im konservativen Spektrum die Stimmen gegenseitig streitig. Merkels Ankündigung, 2021 auch nicht mehr als Kanzlerin zu kandidieren, ist mit Vorsicht zu genießen. Das Kanzleramt liegt ihr machtpolitisch näher als das Amt der Parteivorsitzenden. Abrupte Kurskorrekturen und politische Beliebigkeit zum Machterhalt prägen ihren Politikstil. Ihr Rückzug von der Parteiführung überrascht nur die, die diese großartige Taktikerin der Macht nicht kennen. Sie wird sich bis zur nächsten Bundestagswahl in der Außenpolitik engagieren, so ihre Beliebtheit wieder steigern und sich 2021 angesichts einer sich zum Schlechteren wendenden Welt für eine erneute Kanzlerkandidatur „bereit erklären“.

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