Vier Wochen länger Auszeit für junge Mütter

Brüssel. Deutschlands junge Mütter sollen nach der Geburt ihres Kindes künftig vier Wochen länger zuhause bleiben dürfen. EU-Sozialkommissar Vladimir Spidla legte am Freitag eine Neuregelung des Mutterschutzes für alle 27 Mitgliedstaaten vor. Seine Kernforderungen: Künftig sollen junge Frauen nicht mehr nur 14 (wie in Deutschland), sondern wenigstens 18 Wochen für ihr Baby da sein dürfen

Brüssel. Deutschlands junge Mütter sollen nach der Geburt ihres Kindes künftig vier Wochen länger zuhause bleiben dürfen. EU-Sozialkommissar Vladimir Spidla legte am Freitag eine Neuregelung des Mutterschutzes für alle 27 Mitgliedstaaten vor. Seine Kernforderungen: Künftig sollen junge Frauen nicht mehr nur 14 (wie in Deutschland), sondern wenigstens 18 Wochen für ihr Baby da sein dürfen. Außerdem muss ihnen das volle letzte Gehalt für die Dauer des Mutterschutzes gezahlt werden. Und: Wenn sie wieder in den Beruf einsteigen, haben sie ein Anrecht auf "dieselbe oder eine gleichwertige Stelle".

Die meisten Forderungen, die Spidla erhebt, sind für deutsche Frauen längst Alltag. Üblicherweise zahlen die Arbeitgeber das volle Gehalt weiter, obwohl die Krankenkassen pro Tag nur 13 Euro zuschießen, der Betrag wurde seit 13 Jahren nicht mehr erhöht. Auch der Anspruch auf einen gleichwertigen Arbeitsplatz ist bereits gesetzlich festgelegt.

Die Verlängerung des Mutterschaftsschutzes aber bringt die Wirtschaft und die Politik auf die Palme. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt (Foto: dpa) sprach bereits von Mehrkosten in Höhe von rund 500 Millionen Euro jährlich - zusätzlich zu den rund 1,6 Milliarden Euro, die die Unternehmen bisher schon für den Mutterschutz ausgeben. "Ich lehne die Revision der Mutterschutzrichtlinie rundweg ab." Auch im Bundestag braut sich Widerstand zusammen. "Wir brauchen für unsere Gesellschaftspolitik keine Bevormundung durch die EU", erklärte der familienpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Johannes Singhammer (CSU). Das Familienministerium warnte am Freitag gar vor einer Neuregelung, die die finanziellen Risiken für Arbeitgeber, junge Frauen zu beschäftigen, erhöhen würden.

Spidlas Vorlage geht nämlich noch weiter. Zum einen sollen nicht mehr nur Arbeitnehmerinnen ab Feststellung der Schwangerschaft, sondern Mütter bis zu einem Jahr nach der Geburt nahezu unkündbar werden. Zum zweiten will er den Frauen mehr Freiheit bei der Aufteilung der 18-wöchigen Mutterschutzzeit vor und nach der Geburt geben.

Eine Vereinheitlichung des Mutterschutzes in der Gemeinschaft scheint notwendig. Immer klaffen die Mindestzeiten derzeit weit auseinander: Deutschland markiert mit 14 Wochen Mutterschutz die untere Grenze. Am längsten stellen Tschechien (das Heimatland des Kommissars) und die Slowakei Frauen nach der Geburt frei: 28 Wochen. Die Bundesregierung hat trotzdem bereits nach Brüssel signalisiert, dass sie den Vorschlag ablehnen wird. Nun müssen das Europäische Parlament und der Ministerrat entscheiden. dr

Meinung

EU malt schwarz-weiß

Von SZ-Korrespondent

Detlef Drewes

Der Schutz von Müttern vor und nach der Geburt muss zweifellos ein Kern der Sozialpolitik sein. Aber die Schwarz-Weiß-Sicht der EU-Kommission erweist sich einmal mehr als schlechter Ratgeber. Die in Deutschland üblichen 14 Wochen mögen im europäischen Durchschnitt das unterste Ende der Skala sein, aber diese Schutzzeit isoliert zu betrachten, verfälscht das Bild. Hierzulande gibt es nämlich auch noch einen Elternurlaub und damit die Möglichkeit, nicht nur 18 Wochen - wie von der EU gefordert - sondern über zweieinhalb Jahre länger beim Baby zu bleiben.

Übrige Wohltaten wie das volle Rückkehrrecht auf einen gleichwertigen Arbeitsplatz, die in Brüssel gerade erfunden werden sollen, eingeschlossen. Deshalb zeigt das deutsche Beispiel: Es ist sinnvoller, solche Sozialgesetzgebung den Mitgliedstaaten zu überlassen.

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