Unabhängige Forschung gefordert

Berlin. Nach dem Scheitern einer Studie zum Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche haben Experten und Betroffene Konsequenzen für die Aufarbeitung gefordert. Der Fachbeirat des Unabhängigen Missbrauchsbeauftragten, Matthias Katsch, verlangt ein Eingreifen von Bundesregierung und Bundestag

Berlin. Nach dem Scheitern einer Studie zum Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche haben Experten und Betroffene Konsequenzen für die Aufarbeitung gefordert. Der Fachbeirat des Unabhängigen Missbrauchsbeauftragten, Matthias Katsch, verlangt ein Eingreifen von Bundesregierung und Bundestag. "Es braucht den Druck des Staates, beispielsweise eine Enquete-Kommission des Bundestags einzurichten, die sich des Missbrauchs systematisch annimmt", sagte er der "tageszeitung".

Der Vorsitzende des Netzwerks Betroffener von sexualisierter Gewalt (netzwerkB), Norbert Denef, fordert strengere Gesetze zur Aufklärung von sexuellem Missbrauch. Im Bayerischen Rundfunk sagte er: "Wir brauchen eine klare Gesetzesreform, wir brauchen eine Anzeige- und Meldepflicht." Derzeit schütze der Staat nur die Kirche, beklagte Denef, der als Kind jahrelang von einem katholischen Messdiener missbraucht wurde. Die Enttäuschung über das Scheitern der Zusammenarbeit der katholischen Kirche mit dem Kriminologischen Institut Niedersachsen (KFN) ist groß. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sagte im Deutschlandfunk, die Entscheidung erwecke den Eindruck, dass Kirchen-Vertreter doch nicht alles unabhängig aufklären lassen und am Ende ihre Hand auf gewonnene Erkenntnisse halten wollten.

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) sagte der "Welt", das Scheitern sei "umso bedauerlicher, weil mit dem Forschungsauftrag die öffentlich angemeldeten Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Aufklärungsinteresses der katholischen Kirche ausgeräumt werden sollten". Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Alois Glück, bezeichnete das Scheitern der Studie im SWR als "außerordentlich schädlichen Vorgang". Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, sagte, er sehe die Kirche in der Pflicht, das Forschungsvorhaben schnell fortzuführen. Ähnlich äußerte sich auch der Kirchenbeauftragte der FDP-Bundestagsfraktion, Stefan Ruppert. Er erwarte, dass die katholische Kirche weiter mit unabhängiger wissenschaftlicher Begleitung aufarbeiten wird.

Die katholische Kirche hatte am Mittwoch die Zusammenarbeit mit dem Institut gekündigt, das eine umfangreiche Studie zur Aufklärung des sexuellen Missbrauchs in der Kirche erarbeiten sollte. Als Grund wurde ein "zerrüttetes Vertrauensverhältnis" genannt. Pfeiffer hatte den Bischöfen vorgeworfen, seine Forschung zensieren und über Veröffentlichungen entscheiden zu wollen. Die katholische Kirche will sich nun einen neuen Partner für das Projekt suchen.

Zwischen Pfeiffer und der katholischen Kirche geht der Streit indes offenbar juristisch weiter. Die Bischöfe wollen dem Kriminologen nach dessen Darstellung per Unterlassungserklärung untersagen, der Kirche Kontrolle und Zensur im Zusammenhang mit der Studie zu unterstellen. Pfeiffer sagte, dass er sich daran zunächst nicht halten werde. epd

Foto: Becker/dpa

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