UN kritisieren Vatikan scharf

Rom · Der UN-Kinderrechtsausschuss findet deutliche Worte zum Umgang des Heiligen Stuhls mit den Fällen von Kindesmissbrauch: Der Vatikan habe seinen eigenen Ruf über die Interessen der betroffenen Kinder gestellt.

Erst vor wenigen Wochen wurde bekannt, dass Papst Benedikt XVI. in den letzten beiden Jahren seiner Amtszeit über 400 Priester wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in den Laienstand versetzt hatte. Die Meldung wurde von vielen Seiten überrascht und positiv aufgenommen. Der Vatikan gehe hart und eindeutig gegen den Missbrauch von Kindern vor, so war der Eindruck. Gestern hat nun der UN-Kinderrechtsausschuss in Genf einen Bericht vorgelegt, in dem er zwar einige Fortschritte im Umgang der katholischen Kirche mit sexuellem Missbrauch von Kindern einräumt. Im Kern sei aber noch viel zu wenig passiert. Das Urteil der 18-köpfigen Expertenkommission der Vereinten Nationen ist vernichtend.

Die katholische Kirche stelle in ihrer Aufklärungsarbeit noch heute den eigenen Ruf über die Interessen der Kinder, kritisiert das Gremium. Zudem agiere der Heilige Stuhl fälschlicherweise in einer eigenen moralischen Sphäre. Anstatt die Täter den ordentlichen, staatlichen Gerichten zu übergeben, halte die Kirche weiterhin ihre Hand schützend über sie. Bekannte Täter würden "von Gemeinde zu Gemeinde oder in andere Länder" versetzt werden, um die Verbrechen zu decken. Dutzende Täter seien deshalb weiterhin in Kontakt mit Kindern. Die Kirche verweigere außerdem Auskunft über das genaue Ausmaß des sexuellen Missbrauchs. Priester und andere Mitglieder der katholischen Kirche seien weltweit in "zehntausende Fälle" von sexuellem Missbrauch von Kindern verwickelt.

Bei der Vorstellung des Berichts behauptete die norwegische Ausschussvorsitzende Kirsten Sandberg, der Vatikan verletze die UN-Kinderrechts-Konvention. "Sie haben nicht alles getan, was sie hätten tun müssen", sagte Sandberg. In einer schriftlichen Mitteilung reagierte der Vatikan auf die Vorwürfe und stellte fest, er werde die Ausführungen der Kommission "minutiös studieren und prüfen". Er stellte aber auch fest, in "einigen Punkten des Berichts" werde der Versuch unternommen, sich in die Lehre der Katholischen Kirche im Hinblick auf die Würde der Person und der Ausübung der Religionsfreiheit einzumischen. Die UN-Kommission hatte in dem Bericht unter anderem jüngere Äußerungen aus dem Vatikan im Hinblick auf Homosexualität, Empfängnisverhütung und Abtreibung kritisiert.

Der Vatikan hatte in der Vergangenheit immer wieder betont, mit aller Kraft gegen Missbrauch von Kindern vorzugehen. Papst Benedikt XVI. hatte sich mehrmals entschuldigt und war 2011 in Erfurt mit Opfern zusammengekommen, die als Kinder von Priestern missbraucht worden waren. Er verschärfte zudem entsprechende Normen im Kirchenrecht. Papst Franziskus ließ im Dezember eine Kommission zum Schutz für Kinder vor Missbrauch einrichten. Diesen Schritt begrüßte der UN-Ausschuss und schlug vor, der Vatikan solle Opferorganisationen in die Kommission aufnehmen.

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