Tschechiens neuer Präsident setzt auf Europa

Prag. Zwölf goldene Sterne sollen künftig über der Prager Burg wehen. Das hat Tschechiens neu gewählter Präsident Milos Zeman seit Langem angekündigt, und es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln. "Symbolisch will ich die EU-Flagge auf der Burg hissen", sagte der linksgerichtete Politiker im Vorwahlkampf bei einem Bier im berühmten Prager Literaten-Café Slavia

Prag. Zwölf goldene Sterne sollen künftig über der Prager Burg wehen. Das hat Tschechiens neu gewählter Präsident Milos Zeman seit Langem angekündigt, und es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln. "Symbolisch will ich die EU-Flagge auf der Burg hissen", sagte der linksgerichtete Politiker im Vorwahlkampf bei einem Bier im berühmten Prager Literaten-Café Slavia.Damit setzt sich der 68-Jährige klar von seinem Vorgänger Vaclav Klaus ab, der sich als scharfer EU-Kritiker profiliert hat. Und Zeman sagt gleich noch dies: Im Gegenzug wolle er die EU zur Finanzierung eines neuen Donau-Oder-Elbe-Kanals bewegen. Das Megaprojekt würde Südmähren und Österreich mit der Ostsee verbinden.

Der vermeintliche Tauschhandel, über den örtliche Medien berichteten, ist bezeichnend für Zemans Pragmatismus. Der Linkspolitiker bezeichnet sich selbst als "Euro-Föderalisten". Das hält ihn aber nicht davon ab, beherzt über den Brüsseler "Moloch" zu schimpfen. "Die Energiesparlampen sind Unsinn und die Brüsseler Bürokraten Idioten", erklärte Zeman in einem Chat-Gespräch des Senders Nova.

"Zeman hat die Tendenz, sehr starke und sehr kontroverse Erklärungen abzugeben und damit sein eigentliches Programm in gewisser Weise zu konterkarieren", sagt Jiri Pehe. Der Politologe war politischer Berater des inzwischen gestorbenen ersten tschechischen Präsidenten Vaclav Havel. Er könne sich ohne Weiteres vorstellen, dass Zeman auf europäischer Bühne unbeabsichtigt die eine oder andere Kontroverse lostritt, sagt Pehe.

In jedem Fall werde sich Zeman, der als Präsident eigentlich eher repräsentative Aufgaben wahrzunehmen hat, aktiv in die Innen- und Außenpolitik der Prager Mitte-Rechts-Regierung einmischen, ergänzt der Politologe Jan Bures. Er hält es für unwahrscheinlich, dass die deutsch-tschechischen Beziehungen unter dem Eindruck der nationalistisch geprägten Wahlkampagne leiden werden. "Zeman weiß sehr gut, dass Deutschland der Schlüsselpartner Tschechiens im Außenhandel ist."

Ganz unabhängig von der großen Politik steht der Prager Burg nun ein großer Frühjahrsputz bevor. Es ist ein majestätischer Ort der nationalen Selbstvergewisserung, an dem der allseits verehrte König von Böhmen und römisch-deutsche Kaiser Karl IV. begraben liegt. Als Vaclav Klaus vor zehn Jahren das Präsidentenzepter von Vaclav Havel übernahm, ließ er die Designer-Möbel entfernen und holte die alten Biedermeier-Möbel aus dem Keller. Statt des traditionsreichen böhmischen Biers wurden auf Veranstaltungen Wasser gereicht. Vieles könnte sich nun ändern.

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