Zehn Jahre Gondwana Dinos haben Polit-Katastrophe hinter sich

Schiffweiler/Reden · Zehn Jahre nach seiner Eröffnung ist der Gondwana-Park in Reden kein Krisenherd mehr. Doch wie geht es weiter am Standort?

Heute vor zehn Jahren kam sogar der ehemalige US-Vizepräsident und Friedensnobelpreisträger Al Gore zur Eröffnung des Gondwana-Parks nach Reden.

Heute vor zehn Jahren kam sogar der ehemalige US-Vizepräsident und Friedensnobelpreisträger Al Gore zur Eröffnung des Gondwana-Parks nach Reden.

Foto: Iris Maurer

Totgesagte leben länger. Wenn auch nicht so fidel wie erhofft. Zehn Jahre hat der Dresdener Rechtsanwalt Matthias Michael Kuhl mit seinem Urzeit-Themenpark „Gondwana. Das Prähistorium“ in Reden durchgehalten. Heute vor zehn Jahren, am 14. Dezember 2008, wurde er eröffnet. Er blieb der einzige seiner Art im Saarland. „Auskömmlich“ sei das Geschäft, heißt es von Kuhls Sohn Alexander, der Gondwana seit 2017 managt. Jubel klingt anders. Laut Kuhl besuchen rund 100 000 Menschen pro Jahr die Indoor-Erlebniswelt, die stolz ist auf ihr Konzept, das Spaß und Bildung eng verzahnt.

Abenteuer in begehbaren Urzeitwäldern und mit schockierend echt wirkenden T-Rex-Sauriern sind ebenso möglich wie Lernmomente an den Wissensvermittlungs-Stationen mit geologischen Originalexponaten. 100 000, das ist, gemessen an früheren Erwartungen und Wirtschaftlichkeits-Kalkulationen, eine frustrierende Zahl. Zum Vergleich: Das Weltkulturerbe Völklinger Hütte zählt jährlich die dreifache Menge Gäste, und auch Alexander Kuhls Vater brachte die Zahl von 250 000 Touristen mit, als er als Mann mit Pioniermut auf der noch gänzlich unerschlossenen Gruben-Brache Reden auftauchte. Mit ihm, dem ersten Privatinvestor, verfärbte sich der Industriekultur-Horizont des Saarlandes rosarot. Kuhls Park sollte Reden in Richtung Erlebnis-Ort pushen. Heute, nach zehn Jahren, lässt sich sagen: Das ist gelungen, das Areal hat sich als Naherholungs- und Freizeit-Szenerie etabliert.

Diese Leitidee war die Legitimation der damaligen CDU-Landesregierung für Millioneninvestitionen und für ein gewagtes Finanzierungsvertrags-Konstrukt mit Kuhl. Doch statt zu einem Beispiel gebenden Strukturwandel-Modell zu werden, machte Gondwana ab 2011 als „Subventionsgrab“ in einem Untersuchungsausschuss Karriere. Kuhl senior und die saarländische Landesregierung verbissen sich in einen Dauerstreit um nicht gezahlte Pacht und angeblich gebrochene Polit-Versprechen zum Ausbau des Standortes. Schließungs- und Klage-Androhungen, Misstrauen, Vorwürfe, Verrat – das war ganz großes Polit-Kino, bis zum Vergleich, der erst 2017 geschlossen wurde. Bis dahin hieß der Titel „Alles wird nie mehr gut“, zumal immer wieder grundsätzliche Zweifel ob der Akzeptanz und Profitabilität des Parks aufkamen. Und heute? „Ich zürne und hadere nicht“, sagt Kuhl senior. „Wir pflegen eine faire, saubere und korrekte Zusammenarbeit mit Gondwana“, sagt Ludwin Vogel, Sprecher der für den Standort zuständigen IKS-Landesentwicklungsgesellschaft, mit der Kuhl Jahre lang im Streit lag.

Die Chefin der Tourismuszentrale Saar (TZS) sieht die Funktion Gondwanas erfüllt, das Saarland als Ganzjahresreiseziel zu profilieren. Dafür seien attraktive Indoor-Angebote wie Gondwana Voraussetzung. „Aus Gästebefragungen wissen wir, dass Gondwana nachgefragt wird“, sagt Grauvogel. „Es ist eine Erfolgsgeschichte“, stellen auch Lokalpolitiker fest, etwa der Schiffweiler Bürgermeister Markus Fuchs (SPD) und der Redener Ortsvorsteher Holger Maroldt.

Zugleich formuliert jeder der von der SZ Befragten die Besorgnis, Gondwana könne stagnieren. Tatsächlich fand die letzte große Erneuerung 2013 statt, mit der Einweihung der Gondwana-II-Halle, die die Ausstellungs-Fläche nahezu verdoppelte und die Ausstellung um Menschheits-Szenen und um eine spektakuläre Show mit robotisch animierten Dinosauriern ergänzte. Aktuell präsentiert sich der Rundgang in einem technischen Top-Zustand, doch es gibt viel Leerlauf, es klaffen große Inszenierungslücken. Das Jubiläum hätte einen idealen Anlass geboten, den Park durch Ergänzungen oder Innovationen aufzufrischen oder um eine Aufmerksamkeits-Kampagne zu starten. Doch Gondwana-Manager Alexander Kuhl hält dies nicht für zwingend. Er verweist auf eine in Besucherumfragen ermittelte Quote von 33 Prozent Stammkundschaft. „Die Ausstellung ist so vielfältig und detailreich, dass man immer wieder etwas Neues entdecken kann, selbst wenn man sie kennt.“ Zumindest mittelfristig soll sich noch einmal was tun: „Gondwana III“. Das wird laut Kuhl junior kein Um- oder  Neubau. In einem bereits vorhandenen Raum soll eine „aufregende Geschichte“ passieren, soll eine Zeitreise von den Dinos zurück ins Hier und Jetzt inszeniert werden. Außerdem will man die Dino-Kinderwelt vergrößern und ein Angebot für die Eltern schaffen. Zu einem Knaller-Effekt wird dies kaum führen.

Zweifel sind erlaubt, ob diese Geschäftsstrategie auf Dauer trägt. Der jüngst vorgestellte Tourismusbarometer Saar hat den hiesigen Freizeiteinrichtungen dazu geraten, „alle ein bis zwei Jahre Geld in die Hand (zu) nehmen“, um den Anschluss nicht zu verlieren und Angebotserweiterungen zu schaffen. Derweil investiert Kuhl wohl mehr Ideen-Energie in die Vollendung des gesamten Standortes als in das eigene Unternehmen. Er stellte jüngst Pläne für ein „Montanium“ vor, einen Bergbau-Themenpark, der Gondwana, weite Teile des Geländes und bisher ungenutzte Hallen überformen würde (die SZ berichtete). Der Vorstoß trifft einen Nerv. Denn längst hat sich der Fokus in Reden verschoben, Sorgen bereitet nicht mehr Gondwana, sondern höchstens der Standort selbst. Repräsentativ für viele sagt der Neunkircher Landrat Sören Meng (SPD): „Gondwana hat geholfen und hilft, Reden aufzuwerten.“

Allein ist Meng jedoch mit seinem Optimismus, dass es in Reden munter weiter aufwärtsgeht. „Wir haben hier immer noch ein ungehobenes Potenzial“, sagt beispielsweise Bürgermeister Fuchs. Reden schlummert. Unter einem vitalen Strukturwandel-Standort stellt man sich etwas anderes vor. Obwohl die Industriekultur Saar GmbH (IKS) eine moderne, ansprechende Infrastruktur geschaffen hat, mit Wassergärten, Halden-Spazierweg und Almhütten-Gastronomie. Obwohl SR-Sommeralm, Konzert-Events und die Fantasymesse „FARK“ für Publicity sorgen. Immer noch wartet das mit Millionen topsanierte Zechenhaus auf mehr Publikum, auf eine adäquate Nutzung samt kreativer Veranstaltungs-Reihen, immer noch vermitteln leer stehende Hallen auf dem Areal einen toten Eindruck, und immer noch fehlt eine Beleuchtung, die zu abendlichen Spaziergängen einlädt. Deshalb pocht Ortsvorsteher Maroldt auf weitere öffentliche Investitionen: „Reden ist noch lange nicht das, was man uns versprochen hat.“ Es bräuchte zwingend einen zweiten Kuhl, eine weitere Attraktion. Maroldt hält es für krasse Unvernunft, Reden als „ausentwickelt“ zu bezeichnen, wie bereits vor Jahren von Seiten der Landesregierung verkündet und nun, gegenüber der SZ, von IKS-Sprecher Vogel wiederholt: Die Phase der öffentlichen Investitionen wird mit der Realisierung der Haldenmetro zu einem Abschluss gekommen sein.“

Wenn er da mal nicht irrt. Mit dem neuen Ministerpräsidenten steht womöglich eine Trendwende ins Haus. Auf SZ-Nachfrage äußert sich Tobias Hans (CDU) wie folgt: „Industriekultur ist immer noch ein Zukunftsthema. Man ist auf den Bergbau-Standorten noch nicht so weit, wie ich das gerne wäre. In Reden müssen wir nachlegen. Wir werden das dort mit allen Beteiligten vor Ort weiterentwickeln. Das Land wird sich nicht aus der Verantwortung ziehen, es braucht aber auch die Kommunen, die privaten Investoren und die RAG.“ Der Ministerpräsident ist morgen als Schirmherr der Jubiläumsfeier in Gondwana zu Gast. Er könnte zum Schutzpatron von Reden 2.0 werden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort