Ausbildungförderung Zahl der Bafög-Empfänger geht zurück

Berlin/Saarbrücken · Der Anteil an den Unis ist auf unter 20 Prozent gesunken. Jetzt mehren sich Rufe nach einer Reform.

 Nur noch jeder achte Student finanziert sich mithilfe von Bafög, kritisiert die Gewerkschaft GEW und fordert zusammen mit den Grünen eine Reform der Ausbildungsförderung. Erstmals seit 15 Jahren liegt die Zahl wieder unter 800 000 Empfänger.

Nur noch jeder achte Student finanziert sich mithilfe von Bafög, kritisiert die Gewerkschaft GEW und fordert zusammen mit den Grünen eine Reform der Ausbildungsförderung. Erstmals seit 15 Jahren liegt die Zahl wieder unter 800 000 Empfänger.

Foto: dpa/Uwe Zucchi

Kaum etwas ist für die Durchlässigkeit des Bildungssystems so entscheidend wie die Ausbildungsförderung. Doch der Anteil der Geförderten sinkt seit Jahren, und dieser Trend hielt auch 2017 an, wie gestern veröffentlichte Zahlen des Statistischen Bundesamtes belegen. Die politische Debatte um Korrekturen entbrannte sogleich.

Nur noch 782 000 Personen erhielten im letzten Jahr Bafög, 557 000 Studenten und 225 000 Schüler. Das ist wiederum ein Minus, diesmal von fünf Prozent gegenüber dem Vorjahr. Erstmals seit 15 Jahren liegt die Gesamtzahl wieder unter 800 000. Im Langfristtrend ist der Anteil der Studenten, denen der Staat mit Zuschüssen und Krediten unter die Arme greift, seit 2003 von 25 Prozent auf jetzt 19,8 Prozent gesunken. Einziges Trostpflaster: Die gezahlte Durchschnittssumme stieg 2017 etwas an, auf 499 Euro im Monat bei den Studenten (plus 7,5 Prozent) und 456 bei den Schülern (plus fünf Prozent). Der Höchstsatz beträgt derzeit 735 Euro für Studenten.

Anders als im Bundestrend ist die Zahl der Bafög-Empfänger unter Schülern und Studenten im Saarland von insgesamt 6148 im Jahr 2016 auf 6289 im vergangenen Jahr leicht angestiegen. 2015 lag die Zahl bei 6241. Die durchschnittliche Förderung betrug hierzulande 466 Euro im Jahr 2017 für Studenten, 7,6 Prozent mehr als 2016. Schüler bekamen 2017 mit im Schnitt 463 Euro 11,5 Prozent mehr als 2016.

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) hob in ihrer Reaktion diesen Anstieg der Zahlungen hervor, der freilich auf eine noch von der letzten Regierung beschlossene Anhebung zurückgeht. Den Rückgang der Empfängerzahlen erklärte sie mit der hohen Erwerbstätigenquote und steigenden Löhnen, die es immer mehr Eltern erlaubten, „ihren Kindern eine gute Ausbildung mit eigenen Mitteln zu ermöglichen“.

Allerdings kündigte sie eine Reform an, die „wieder mehr Familien den Zugang zu Bafög-Leistungen eröffnen wird“. Karliczek versprach, dass die Verbesserungen nächstes Jahr zum Schuljahresbeginn beziehungsweise zum Wintersemester in Kraft treten sollen. Das entspricht den Verabredungen zwischen Union und SPD. Im Koalitionsvertrag ist von einer „Trendumkehr“ die Rede; eine Milliarde Euro stehen dafür bereit.

SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach bemängelte gegenüber der SZ, dass die Ministerin bisher noch keine konkreten Vorschläge vorgelegt hat. Aus Sicht der Sozialdemokraten besteht Reformbedarf vor allem bei der Anhebung der anzurechnenden Elterneinkommen und bei der Absenkung des Darlehens-Anteils. Die mit dem Bafög einhergehende Verschuldung schrecke besonders Antragsteller aus sehr einkommensschwachen Haushalten ab. Zudem müsse das ganze Verfahren vereinfacht werden, es sei „außerordentlich bürokratisch“, so Lauterbach.

Der Grünen-Abgeordnete Kai Gehring forderte eine „radikale Trendwende“: Nicht nur müssten die Bedarfssätze und Freibeträge sofort um mindestens zehn Prozent erhöht werden, es seien auch deutlich höhere Wohnkosten anzusetzen. Zudem müsse die Bafög-Anpassung künftig regelmäßig automatisch erfolgen. Bisher wird darüber unregelmäßig entschieden; zuletzt hatte eine Anhebung sechs Jahre auf sich warten lassen. Nicole Gohlke von den Linken forderte ebenfalls eine umgehende Erhöhung und Ausweitung des Bafög und nannte die Summe von 1 050 Euro monatlich.

Das Studentenwerk konzentrierte seine Vorschläge auf Erleichterungen bei den Antragsvoraussetzungen. Generalsekretär Achim Meyer auf der Heyde schlug vor, die Bezugsberechtigung nicht nur bis zur Dauer der Regelstudienzeit, sondern zwei Semester länger laufen zu lassen. Denn nur 40 Prozent schafften das Studium innerhalb der Zeitvorgabe.

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