Peter Altmaier im SZ-Interview „Wir sollten keine Gräben aufreißen“

Berlin · Der Kanzleramtschef aus dem Saarland rechnet mit einer neuen Groko – und erwartet, dass die SPD-Führung die Sondierungsbilanz verteidigt.

Peter Altmaier (CDU) ist optimistisch, dass die SPD-Basis am Sonntag Ja sagt zu Koalitionsverhandlungen.

Peter Altmaier (CDU) ist optimistisch, dass die SPD-Basis am Sonntag Ja sagt zu Koalitionsverhandlungen.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) rechnet fest damit, dass der SPD-Parteitag am Sonntag für Koalitionsverhandlungen stimmt. Allerdings müsse die SPD-Führung um Martin Schulz das Sondierungsergebnis auch offensiv verteidigen, fordert der Saarländer.

Herr Altmaier, denken Sie an die SPD in der Nacht, sind Sie um den Schlaf gebracht. Ist dem so?

ALTMAIER Gott sei Dank habe ich einen kurzen, aber festen Schlaf. Die SPD hat sich seit vielen Jahren ihrer Verantwortung immer wieder gestellt. Ich bin optimistisch: Das wird auch diesmal so sein.

Ihre Zuversicht in allen Ehren, aber immer mehr SPD-Landesverbände sagen Nein zur Groko. Hat Martin Schulz seinen Laden nicht im Griff?

ALTMAIER Es ist ein schwieriger Prozess in der SPD, weil sie zu Anfang eine Regierungsbeteiligung ausgeschlossen hat. Nun haben sich die Umstände verändert, und wir haben ein gutes Sondierungsergebnis. Ich baue darauf, dass nicht nur Martin Schulz, sondern die gesamte SPD-Führung dieses Ergebnis verteidigt.

Reden die Genossen die Sondierungsergebnisse schlecht?

ALTMAIER Wenn man von etwas überzeugt ist und einstimmig beschlossen hat, muss man es auch offensiv vertreten. Nur, wenn wir zu unseren eigenen Überzeugungen stehen, werden uns andere abnehmen, dass sie richtig sind.

Ist das ein Appell an SPD-Vize Ralf Stegner oder Berlins Regierenden Michael Müller, die mitverhandelt haben, nun aber heftig Kritik äußern?

ALTMAIER Nein. Ich halte nichts davon, mögliche Koalitionspartner öffentlich zu belehren.

Sie könnten aber auch beide auffordern, einfach mal die Klappe zu halten…

ALTMAIER Darum bemühe ich mich ja für meine Person – auch im Gespräch mit ihnen (schmunzelt). Aber ernsthaft: Wir sollten keine Gräben aufreißen, sondern die Gemeinsamkeiten, die es gibt, deutlich machen. Das Sondierungspapier enthält wichtige Verbesserungen für Arbeitnehmer, Krankenversicherte, Steuerzahler und viele andere. Es ist ein weiterer Fortschritt der Großen Koalition, die ja nach wie vor regiert. Auch aus Sicht der SPD.

Auf der anderen Seite spricht CSU-Landesgruppenchef Dobrindt von einem „Zwergenaufstand“. Reizt er die Genossen nicht unnötig?

ALTMAIER Noch einmal: Es ist besser, miteinander zu reden, als übereinander. Wir sollten uns in der Öffentlichkeit gegenseitig unterstützen. Das gilt für alle Beteiligten.

Was sagen Sie denen in der SPD, die Nachbesserungen fordern?

ALTMAIER Das Sondierungspapier wird die Grundlage sein für Koalitionsverhandlungen. Niemand aus der SPD-Führung hat bisher gefordert, daran etwas zu ändern.

Beim Thema Bürgerversicherung oder einem Verbot der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverträgen ist das aber offenbar der Fall.

ALTMAIER Die Themen, die bei den Sondierungen abgehandelt worden sind, sind entschieden. Das sieht SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil übrigens genauso. Die SPD hat vieles erreicht, das ihr besonders wichtig war: die Rückkehr zur paritätisch finanzierten Krankenversicherung zum Beispiel. Oder die Garantie des heutigen Rentenniveaus bis 2025.

Warum weiß man eigentlich nicht, wofür die CDU in einer möglichen Groko steht?

ALTMAIER Das stimmt nicht. Wir stehen für die Entlastung von Familien mit der Erhöhung des Kindergeldes um 25 Euro pro Kind. Wir sorgen für die Abschaffung des Soli, sodass im Jahre 2021 rund 90 Prozent der Bürger davon befreit sein werden. In der nächsten Wahlperiode wird er komplett abgeschafft werden. Außerdem werden keine Steuern erhöht und der Haushalt bleibt ausgeglichen. Das kann sich sehen lassen.

Wenn die SPD am Sonntag Nein sagt, haben Sie einen Plan B?

ALTMAIER Wenn man Plan A verwirklichen will, ist es immer blöd, über Plan B zu spekulieren. Wir werden am Sonntag eine sehr kontroverse Debatte auf dem SPD-Parteitag erleben. Ich bin aber davon überzeugt, dass die Mehrheit für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen größer ausfallen wird, als viele glauben. Sofern sich die engere SPD-Führung auch auf ihrem Parteitag klar und deutlich zum Sondierungsergebnis bekennt.

Und wenn es so nicht kommt – gehen Sie dann erneut auf FDP und Grüne zu?

ALTMAIER Wir haben im Auftrag des Bundespräsidenten diese Sondierungen geführt, nachdem Jamaika nicht zustande gekommen ist. Das Verfahren liegt in den Händen des Bundespräsidenten.

Das wäre dann aber auch eine Schmach für Angela Merkel. Geht sie nicht geschwächt aus den letzten Monaten?

ALTMAIER Ganz im Gegenteil. Die Union und Angela Merkel sind bereit, eine Regierung zu bilden und auf mögliche Partner zuzugehen. Das unterscheidet uns von den anderen, die mit sich hadern, ob sie nun Regierung oder Opposition sein wollen. Deshalb werden CDU, CSU und Angela Merkel gestärkt aus der jetzigen Phase hervorgehen. Wie immer sie auch endet.

Also weiter mit der Kanzlerin?

ALTMAIER Angela Merkel war und ist die Spitzenkandidatin von CDU und CSU. Es gibt niemanden, dem die Deutschen eher zutrauen, dieses Land erfolgreich in die nächsten vier Jahre zu führen.

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