„Wir laufen den Kriminellen hinterher“

Gerade bei schweren Verbrechen kann sie helfen: Für Helge Stoll, Landeschef des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), ist die Vorratsdatenspeicherung alternativlos. Das sagte er SZ-Redakteur Pascal Becher.

Herr Stoll, warum ist es für Kriminalbeamte gut, Unmengen an Telefon- und Internetdaten der Bürger ohne konkreten Anlass auf Vorrat zu speichern?

Stoll: Weil wir nie wissen, wann ein Verbrechen passiert. Bei unseren späteren Ermittlungen helfen aber Internet- und Telefondaten dabei, herauszufinden, wer die Täter waren und wer die Komplizen. Insbesondere auch bei der Tatvorbereitung. Und darin liegt die Krux: Haben wir die Daten vorher nicht gespeichert, können wir sie später nicht einsehen. Ganz einfach.

Bei welchen Verbrechen helfen solche Daten besonders?

Stoll: Gerade bei schweren Verbrechen wie Mord, Terror-Anschlägen oder Kinderpornografie. Aber auch bei Bandendelikten wie dem Enkeltrick. Also immer dann, wenn es hilft, genau zu beweisen, wer wann wo war. Vor Jahren beispielsweise gab es bei Illingen einen Mord im Fitnessstudio. Da konnten die Polizisten mithilfe der gespeicherten Telefondaten die Täter überführen.

Wie das?

Stoll: Ganz einfach: Handys hinterlassen im Betrieb Spuren. Diese Daten haben wir von den Netzbetreibern erhalten und konnten so die Gruppe der Tatverdächtigen eingrenzen und am Ende die Mörder ermitteln.

Seit 2010 ist Vorratsdatenspeicherung in Deutschland verboten. Und mit dem gestrigen Urteil bleibt das auch so. Gehen Ihnen jetzt nicht immer wieder Kriminelle durch die Lappen?

Stoll: Ja, sicher. Das passiert bereits seit 2010 genauso. Ich bin zwingend dafür, dass das Auslesen dieser sensiblen Daten in einem genau definierten Rahmen abläuft. Für Willkür ist da wirklich kein Platz. Aber das Speichern muss wieder möglich sein. Die Welt wird digitaler und so auch die Verbrechen. Wenn wir uns darauf nicht einstellen, laufen wir den Kriminellen nur hinterher. Alternativen zur Datenspeicherung gibt es nicht.

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