Angriffe auf Mandatsträger „Wir brauchen ein Bündnis gegen Gewalt“

Berlin · Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ist angesichts der steigenden Zahl an Übergriffen auf Mandatsträger besorgt. Am Freitag empfing er betroffene Kommunalpolitiker zum Gespräch. Darunter auch den Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg.

 Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes

Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes

Foto: dpa/Wolfgang Kumm

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ist angesichts der steigenden Zahl an Übergriffen auf Mandatsträger besorgt. Am Freitag empfing er betroffene Kommunalpolitiker zum Gespräch. Darunter auch den Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg.

Herr Landsberg, warum nehmen die Attacken gegen Mandatsträger zu?

LANDSBERG Vor dem Hintergrund der Flüchtlingskrise hat sich die politische Auseinandersetzung in Art und Ton deutlich verschärft. Insbesondere durch die sozialen Netzwerke. Das Gefühl, ich haue einfach mal einen beleidigenden Spruch raus, ist weit verbreitet. Früher war das am Stammtisch zwar auch nicht anders. Aber danach war es auch gut. Das gilt heute nicht mehr.

Ist die Hemmschwelle gesunken?

LANDSBERG Eindeutig. Immer öfter wird aus der Drohung im Netz eine körperliche Attacke. Es gibt genügend Beispiele dafür, wie zuletzt der Messerangriff auf den Bürgermeister von Altena.

Woher kommen die Aggressionen?

LANDSBERG Ein erheblicher Teil kommt von rechts. Das hat auch damit zu tun, dass die vermeintliche Wut mancher Zeitgenossen von bestimmten politischen Richtungen transportiert und genutzt wird. Bisher wurde übrigens immer gesagt, im Osten sei das Phänomen ausgeprägter. Mein Eindruck ist ein anderer. Es handelt sich um ein gesamtgesellschaftliches Problem.

Waren Sie selber schon Zielscheibe?

LANDSBERG Ja, im Netz. Neulich bin ich wegen einer harmlosen Erklärung zum Verfassungsgerichtsurteil über die Grundsteuer wüst beschimpft worden. Ich habe vieles zur Anzeige gebracht. Und dabei hat sich herausgestellt, dass es eben nicht nur die Abgehängten sind, die angeblich ihrem Frust freien Lauf lassen. Es waren ganz normale Leute aus der Mitte der Gesellschaft, die mich beleidigt haben.

Was muss getan werden?

LANDSBERG Mit Blick auf Feuerwehrleute und Sanitäter hat es bereits eine Strafverschärfung gegeben. Angriffe auf einen Mandatsträger im Zusammenhang mit seiner Funktion müssen aber ebenfalls härter bestraft werden. Das fehlt. Und die Taten müssen zentral erfasst werden, weil nicht auszuschließen ist, dass ein politisches Netzwerk dahintersteckt.

Höhere Strafen allein reichen aber meist nicht.

LANDSBERG Richtig. Wir brauchen dringend ein Bündnis gegen Gewalt und für Toleranz. Und mehr politische Bildung ist genauso vonnöten. Es kann nicht sein, dass jemand, der neun Jahre am Gymnasium gewesen ist, nur zwei Jahre Politik gehabt hat. Den Leuten muss klarer werden, wie komplex alles ist.

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