Wie Ronaldo und Co. das Finanzamt umdribbeln

Madrid · Enthüllungen der Plattform „Football Leaks“ zeichnen nach, dass Weltfußballer Cristiano Ronaldo nicht nur auf dem Platz einer der Größten ist, sondern auch in Sachen Steuervermeidung. Auch andere Stars stehen am Pranger.

Lange Zeit konnten sie mit Milde rechnen, jetzt aber sitzt Spaniens Fiskus auch den internationalen Fußballstars im Nacken. Im Sommer wurde Lionel Messi , der fünffache Weltfußballer vom FC Barcelona , wegen Steuerbetrugs verurteilt. Er hatte millionenschwere Werbeeinnahmen über ein Netz von Scheinfirmen und Auslandskonten am Fiskus vorbeigeschleust. Nun steht Cristiano Ronaldo , Reals Stürmerstar und dreimaliger Weltfußballer, am Pranger: Er soll nach Berichten 150 Millionen Euro in die Schweiz geleitet haben.

Spaniens Regierung bestätigte inzwischen, dass die Berichte über Ronaldos Steuertricks "mit den Informationen des Finanzamtes übereinstimmen". Derzeit werde geprüft, ob die Steuerdribblings des Portugiesen, der dieses Jahr mit Real Madrid die Champions League gewann und mit Portugal Europameister wurde, legal waren oder als Betrug verfolgt werden. Das Finanzamt "werde bei Cristiano Ronaldo jene Steuerprüfungen machen, die man für notwendig" halte, teilte Staatssekretär José Enrique Fernández mit. Spanische Politiker aller Parteien forderten, dass der Staat auch bei Fußballstars kein Auge zudrücken dürfe.

Mehrere europäische Medien, darunter die spanische Zeitung "El Mundo" und "Der Spiegel", hatten Dokumente veröffentlicht, aus denen hervorgeht, dass Ronaldo offenbar seine Einnahmen in Finanzparadiese lenkte, um Steuern zu sparen. In den Dokumenten tauchen weitere Namen auf wie zum Beispiel jene des Trainers José Mourinho (Manchester United ) und des deutschen Nationalspielers Mesut Özil (FC Arsenal ). Beide waren früher in Madrid unter Vertrag und haben nun ebenfalls Ärger mit Spaniens Finanzamt. Özil, so berichteten die Medien, musste bereits mehr als zwei Millionen Euro nachzahlen.

Die spanische Steuerfahndung durchleuchtet derzeit besonders intensiv die beiden Spitzenklubs Real Madrid und FC Barcelona und wird offenbar bei zahlreichen Spielern fündig: Prominente Kicker wie Samuel Eto'o, Neymar, Javier Mascherano und Xavi Alonso haben ebenfalls Verfahren am Hals. Messi war im Sommer wegen seiner Steuerfouls zu 21 Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt worden.

Doch verglichen mit Ronaldo könnten alle anderen Fußball-Steuersünder eher kleine Fische sein. Der 31-jährige Superstar soll allein von 2009 bis 2015 rund 150 Millionen Euro an Werbegeldern zur Steuervermeidung über Irland und die Britischen Jungferninseln auf Schweizer Konten geschleust haben. Von diesen 150 Millionen habe Ronaldo Dank der Tricksereien nur annähernd vier Prozent ans spanische Finanzamt abgeführt, heißt es weiter. Ronaldo gilt als der bestbezahlte Stürmer der Welt. Nach Schätzung des US-amerikanischen Wirtschaftsmagazin "Forbes" kassierte er allein im Vorjahr rund 73 Millionen Euro aus Gehältern und Werberechten.

Die nun veröffentlichten Steuerdokumente stammen von der Enthüllungsplattform "Football Leaks", die vertrauliche Daten und E-Mails zu den Geldflüssen im Fußball sammelt. Die Plattform schweigt zu den Quellen, stellte die Dokumente aber dem "Spiegel" zur Verfügung, der die Papiere mit dem Recherche-Verbund European Investigative Collaboration auswertet. Die Fußballwelt dürfte zittern, denn die an der Untersuchung beteiligten Medien kündigten weitere Enthüllungen an.

Ronaldo äußerte sich bisher nicht zu seinen Steuerproblemen. Doch sein Berater Jorge Mendes gab über seine Firma, die auch Mourinho vertritt, eine schriftliche Stellungnahme ab. Darin heißt es, Ronaldo wie Mourinho "haben ihre steuerlichen Pflichten voll erfüllt". Zudem wird beklagt, dass "eine Reihe verschiedener Firmen, die mit der Sportwelt verbunden seien, im März 2016 Opfer eines Hackerangriffs geworden sind".

Die Fußballnation Spanien galt lange Zeit als steuerliches Paradies für Fußballer aus aller Welt, was vor allem dem "Beckham-Gesetz" zu verdanken war - eine umstrittene Regelung, die nach dem früheren britischen Real-Star David Beckham benannt und von 2005 bis 2010 in Kraft war. Die Steuernorm war maßgeschneidert für Spaniens internationale Fußballstars, die ihre inländischen Einkünfte nur mit einem niedrigen Satz von 24 Prozent versteuern mussten und nicht zum damals für Spitzenverdiener üblichen Maximalsatz von 48 Prozent. Diese goldenen Steuerzeiten sind nun vorbei.

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