Wie gut sind unsere Kitas? Wenn gute Betreuung vor allem Zufall ist

Von Katharina Spieß

BERLIN Es tut sich viel im Bereich der Kindertagesbetreuung. Städte, Gemeinden, Länder und auch der Bund nehmen immer mehr Geld in die Hand. Der Kita-Ausbau geht voran, auch wenn der Bedarf gerade im Bereich der Betreuung von unter drei Jahre alten Kindern noch nicht gedeckt ist. Nachdem der Fokus zunächst auf dem quantitativen Ausbau lag, rückt nun zunehmend auch die Qualität der Kinderbetreuung in den Mittelpunkt.

Bund und Länder haben Ende 2014 gemeinsam einen Prozess zur Weiterentwicklung der Qualität der Kindertagesbetreuung verabredet. 2016 haben sie einen ersten Zwischenbericht ihrer Arbeit vorgelegt, und im Mai dieses Jahres hat sich die Jugend- und Familienministerkonferenz mehrheitlich auf Eckpunkte für ein Qualitätsentwicklungsgesetz verständigt. Vorgesehen ist, dass die Länder entsprechend ihrer Entwicklungsbedarfe Handlungsziele und -felder auswählen. Mit mehreren spezifischen Bundesprogrammen fördert zudem das Bundesfamilienministerium die Qualitätsentwicklung. All das geht in die richtige Richtung, denn auch bildungsökonomische Studien belegen, dass die grundsätzlich hohe Rendite früher Bildungs- und Betreuungsangebote nur dann realisiert werden kann, wenn es sich um qualitativ hochwertige Angebote handelt.

Eines ist allerdings noch nicht so recht erkennbar: Wie kann der Flickenteppich aus unterschiedlichen Qualitätsstandards abgeschafft werden, damit Kinder unabhängig von ihrem Wohnort und ihrem sozioökonomischem Hintergrund in Deutschland eine Kita mit einem Mindestmaß an Qualität besuchen können? Denn wenn jedes Bundesland seine eigenen Handlungsfelder festsetzt, ist nicht mit Sicherheit ausgeschlossen, dass letztlich doch wieder große Unterschiede das Ergebnis sind. Vielmehr wäre ein Bundesqualitätsgesetz mit einheitlichen Mindeststandards sinnvoll.

Die große Vielfalt unterschiedlicher Qualitätsstandards auf regionaler Ebene ist bereits weitgehend bekannt. Nicht alle Länder regeln beispielsweise verbindlich die Qualifikation der Fachkräfte oder die Gruppengrößen. Und selbst wenn es entsprechende Regelungen gibt, variieren diese erheblich zwischen den Ländern. Hinzu kommt ein weniger bekannter Befund: Kinder mit unterschiedlichem sozio-ökonomischem Hintergrund teilen sich in qualitativ gute und weniger gute Kitas auf. So sind Kinder mit Migrationshintergrund im Mittel häufiger in Einrichtungen mit einer relativ schlechteren pädagogischen Qualität. Auch hier könnten bundesweite Mindeststandards helfen, die verbindlich für alle Regionen gelten. Die Betonung liegt dabei auf „verbindlich“: Je strikter und verbindlicher Qualitätsstandards ausgelegt sind, desto eher können sie zum Beispiel Effekte des sozialen Umfelds ausgleichen – dafür gibt es Hinweise aus der empirischen Forschung.

Ein Bundesqualitätsgesetz sollte nach der Bundestagswahl von der nächsten Regierung konkret angegangen werden. Was in diesem Gesetz stehen sollte, dazu gibt es bereits eine Vielzahl an Überlegungen. Noch völlig offen, gleichzeitig aber sehr entscheidend für den Erfolg einer solchen Reform ist, wie Eltern die Qualität einer Kindertageseinrichtung beurteilen sollen, bevor sie ihr Kind dorthin schicken. Denn fest steht: Selbst wenn es Mindeststandards gibt, wird nicht jede Kita die gleiche Betreuungsqualität anbieten. Eltern können diese nur unzureichend einschätzen – dies belegen Studien auf Basis unterschiedlicher Befragungen. Die Debatte um ein Bundesqualitätsgesetz könnte also auch gleich damit verbunden werden, welche Instrumente Eltern in die Hand gegeben werden, um die Qualität verschiedener Angebote zu bewerten. Rating-Systeme oder andere Instrumente zur Qualitätserkennung sollten verbindlich festgeschrieben werden, damit wirklich alle Eltern die Qualität einer Kindertageseinrichtung bewerten können.

Katharina Spieß ist Leiterin der Abteilung Bildung und Familie am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort