dpa Mit Plastikbaum in der Heiligen Stadt

Jerusalem · Wie Wolfgang Schmidt, Propst der evangelischen Erlöserkirche in Jerusalem, Weihnachten in Nahost begeht.

 Wolfgang Schmidt, ein deutscher Pfarrer in Jerusalem.

Wolfgang Schmidt, ein deutscher Pfarrer in Jerusalem.

Foto: dpa/Stefanie Järkel

Messerattacken in der Altstadt, Raketen aus Gaza auf Jerusalem, gewaltsame Auseinandersetzungen an der Gaza-Grenze zu Israel: Der deutsche Pfarrer Wolfgang Schmidt lebt seit 2012 in der Jerusalemer Altstadt und hat viele Formen der Gewalt im Heiligen Land erlebt. Doch er sagt: „Hier in Ost-Jerusalem fürchte ich mich im Moment nicht auf der Straße. Als Ausländer fühle ich mich sicher.“

Schmidt, der in Karlsruhe geboren wurde, ist Propst der evangelischen Erlöserkirche in der Jerusalemer Altstadt. Diese befindet sich nur wenige Meter von der weltberühmten Grabeskirche entfernt, dem größten Heiligtum der Christen. An ihrem Standort soll nach Überlieferung der Bibel Jesus Christus gestorben und wieder auferstanden sein.

Der 58-Jährige hat den internationalen Gottesdienst für den Heiligen Abend in Bethlehem mit vorbereitet. In der evangelischen Weihnachtskirche soll es dort eine Andacht auf Englisch, Deutsch und Arabisch geben. Schmidts Frau und zwei seiner drei erwachsenen Söhne werden ebenfalls dabei sein.

Die Weihnachtszeit ist für Christen gerade im Heiligen Land eine besondere Zeit – eine Möglichkeit für sie, „sichtbar zu werden“, wie Schmidt sagt. Immerhin sind nur knapp zwei Prozent der Bevölkerung in Israel und den Palästinensergebieten Christen. „Ich sage manchmal zu Gruppen, wenn wir nicht diese herausragenden Bauwerke Erlöserkirche, Himmelfahrtskirche auf dem Ölberg und die Dormitio-Abtei hätten, würden wir gar nicht wahrgenommen werden“, sagt Schmidt. Der Pfarrer ist für rund 3000 deutschsprachige evangelische Christen in Israel, den Palästinensergebieten und Jordanien zuständig. Zur Kirche gehört auch ein Gästehaus in der Altstadt sowie ein archäologisches Institut auf dem Ölberg.

Die letzten Monate in Jerusalem waren mit Blick auf die Sicherheitslage recht ruhig. Bedroht gefühlt habe er sich zuletzt Anfang 2016, als es häufig zu Messerattacken von Palästinensern auf Israelis kam, sagt der Propst. Die Angreifer wurden oft von israelischen Sicherheitskräften erschossen. „Die ganze Welt war von einer hysterischen Stimmung erfüllt“, sagt Schmidt. „Das hat mir Angst gemacht.“ So ist es heute nicht mehr im Konfliktgebiet Nahost.

Am Heiligen Abend gibt es auch in der Erlöserkirche einen mehrsprachigen Gottesdienst. Der Weihnachtsbaum wird erst erst kurz zuvor aufgestellt. Aber: „Die Schwierigkeiten, einen Nadelbaum zu finden, waren so groß“, sagt Schmidt, „dass wir auch in der Kirche auf einen Plastikbaum umgestiegen sind – zum Bedauern vieler.“

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