Schuldigitalisierung Was wird aus dem geplanten Unterricht mit digitaler Technik?

Berlin · Seit zwei Jahren ist die Digitalisierung von Deutschlands Schulen mit Hilfe von Bundesmilliarden angekündigt. Kurz vor dem geplanten Start steht alles in Frage.

Unterricht mit Laptops gibt es in Deutschland noch nicht flächendeckend.

Unterricht mit Laptops gibt es in Deutschland noch nicht flächendeckend.

Foto: dpa/Melanie Duchene

2016 kündigte die damalige Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU) die Schuldigitalisierung an. Seitdem ringt die Politik darum, wie die Schulen zu sinnvollem Unterricht mit digitaler Technik gebracht werden können. Doch kurz bevor es losgehen soll, bricht Chaos aus, das Projekt droht zu scheitern. Ein Überblick:

Wie ist der Stand der Dinge?

Die Regierung und alle Fraktionen im Bundestag – außer der AfD – wollen das Grundgesetz ändern, so dass der Bund innerhalb der nächsten fünf Jahre fünf Milliarden Euro in die Schuldigitalisierung stecken darf. Am vergangenen Freitag gab es dafür eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament. Die Bildungsministerien von Bund und Ländern haben zudem den Entwurf einer Vereinbarung ausgehandelt, die beschreibt, welches Geld in welche Maßnahmen fließen soll.

Kann der bisherige Fahrplan eingehalten werden?

Dass die Schuldigitalisierung in geplanter Form Anfang 2019 starten kann, glaubt kaum noch jemand. Nachdem Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen am Wochenende klargestellt haben, dass sie bei der Grundgesetzänderung nicht mitmachen wollen und erstmal der Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag eingeschaltet werden soll, kommen immer mehr Länder mit Kritik aus der Defensive. Und ob die Bund-Länder-Vereinbarung wie geplant an diesem Donnerstag bei einer Sitzung der Kultusministerkonferenz unterzeichnet wird, ist fraglich.

Woran stören sich die ablehnenden Länder vor allem?

Dass im Bundestag quasi in letzter Minute ein Passus eingefügt wurde zur „Zusätzlichkeit“ der Bundesmittel. „Zusätzlichkeit“ heißt, dass die Länder mindestens die Hälfte der öffentlichen Investitionen selbst tragen sollen. Für die fünf Milliarden für die Schulen würde dies allerdings gar nicht zutreffen. Denn die Zusätzlichkeit würde erst ab 2020 gelten, und der Beschluss über die Bildungsmilliarden könnte schon 2019 fallen. Die geplante Grundgesetzänderung bezieht sich aber nicht nur auf die Schuldigitalisierung, sondern auch auf andere Bundeshilfe für die Länder, etwa beim Wohnungsbau.

Was stört manche Länder noch?

Dass der Bund auch für die Qualität der Schulen mit zuständig werden soll – unter anderem für die Weiterbildung von Lehrern.

Was ist Schuldigitalisierung?

Die Ausstattung der Schulen mit WLAN, Tablets oder Whiteboards zum Beispiel – und sinnvolle pä­dagogische Anwendungen. An Schulen, an denen schon so unterrichtet wird, kann man sehen, dass Lehrer und Schüler mit Tablets mit gemeinsam genutzten Programmen sich schnell Inhalte erarbeiten können, dabei diskutieren, klasseninterne Umfragen und spielerische Zugänge zum Stoff etwa per Quiz einbauen können – oder sich bei Kurvendiskussionen in Mathe nicht lange mit Rechenwegen aufhalten, sondern Ergebnisse diskutieren.

Kann das Geld des Bundes auch ohne Grundgesetzänderung fließen?

Das sagen die ablehnenden Ländern. Als Variante gilt ein bestehender Grundgesetz-Artikel: Demnach können Bund und Länder bei Planung, Errichtung und Betrieb von informationstechnischen Systemen zusammenwirken.

Was könnte im Bundesrat passieren?

In seiner letzten Sitzung vor Weihnachten könnte der Vermittlungsausschuss angerufen werden. Wenn der Bundesrat den Ausschuss nicht anruft, wird danach über die Grundgesetzänderung abgestimmt. Ob der Bundesrat sich überhaupt am 14. Dezember mit dem Ganzen befasst, legt sein Beirat mit hochrangigen Ländervertretern morgen fest.

Wie ist die Position des Saarlandes?

Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) sieht noch Beratungsbedarf. Die im Bundestag „einseitig vorgenommenen weitreichenden Änderungen“ müssten „neu bewertet“ werden, forderte er gestern. Er fürchte, dass diese Änderungen die Schere zwischen finanzstarken und finanzschwachen Ländern noch weiter öffnen würden. Saar-Bildungsminister Ulrich Commerçon (SPD) schließt sich der Kritik aus den Ländern an. Gegenüber dem Saarländischen Rundfunk (SR) sagte er, dass die in der Grundgesetzänderung geplante Co-Finanzierung für finanzschwache Länder nicht zu stemmen sei.

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