Globale Erwärmung Was der Klimawandel mit unserer Erde macht

Washington/Nürnberg · Die vergangenen vier Jahre waren die heißesten seit Ende des 19. Jahrhunderts. Das wirkt sich bereits auf das Ökosystem aus.

 Höhere Temperaturen bringen das Eis in der Arktis zum Schmelzen. Der Meeresspiegel steigt dadurch an – seit 1993 um 7,7 Zentimeter.

Höhere Temperaturen bringen das Eis in der Arktis zum Schmelzen. Der Meeresspiegel steigt dadurch an – seit 1993 um 7,7 Zentimeter.

Foto: dpa/David Goldman

Derzeit ächzen Menschen und Tiere auf der Nordhalbkugel unter der Hitze. Bei Temperaturen weit über 30 Grad passt der gestern veröffentlichte Jahresbericht 2017 der US-Klimabehörde NOAA ins Bild. Darin schildern mehr als 500 Forscher aus 65 Ländern, wie sich unser Planet immer weiter aufheizt. Demnach waren die vergangenen vier Jahre die wärmsten seit Beginn meteorologischer Aufzeichnungen im späten 19. Jahrhundert.

Der über 300 Seiten starke Report fasst die wichtigsten weltweiten Klimatrends von 2017 zusammen. Das vergangene Jahr war das drittwärmste Jahr seit Messbeginn. Es sei jedoch das wärmste Jahr gewesen, das nicht vom Klimaphänomen El Niño beeinflusst wurde, sagte NOAA-Klimaforscher Deke Arndt. Durch El Niño erwärmt sich in bestimmten Jahren der Pazifik.

Der Bericht verdeutlicht die sich teilweise verstärkenden Klimatrends: Die Konzentrationen an Treibhausgasen wie CO2 und Methan stiegen 2017 auf Höchstwerte. Der durchschnittliche Meeresspiegel stieg im vergangenen Jahr zu einem neuen Höchststand und lag 7,7 Zentimeter über dem von 1993, als die Höhenmessung per Satellit eingeführt wurde. Auch in der Arktis zeigen sich Anzeichen der Erderwärmung. Die Fläche des dort im September 2017 gemessenen Eises auf dem Meer war ein Viertel kleiner als im langfristigen Durchschnitt um diese Zeit. „Meereis in der Arktis ist in den letzten Jahren neu, dünn und anfällig dafür, zu brechen und zu schmelzen“, heißt es.

Die sich aufwärmenden Meere machen sich unterdessen vor allem an Korallenriffen bemerkbar. Die Bleiche von Juni 2014 bis Mai 2017 sei zum einen wegen des langen Zeitraums ungewöhnlich gewesen, zum anderen aber, weil sie auch außerhalb des Klimaphänomens Niño geschehen sei. Korallen seien dabei mit Regenwäldern an Land zu vergleichen, da sie enorm viele Lebewesen auf sehr engem Raum beherbergen. Zudem bieten die Fische und weitere Tiere, die dort leben, laut NOAA bis zu einer Milliarde Menschen weltweit Nahrung.

Auch die Pflanzenwelt ist betroffen. Arnika, Alpen-Löwenzahn, Alpen-Rispengras: Auf europäischen Berggipfeln siedeln sich immer mehr Gewächse an, die es dort früher nicht oder nur selten gab. „Und dahinter steckt der Klimawandel“, sagt Manuel Steinbauer von der Universität Erlangen-Nürnberg. „Durch die Zunahme der Temperatur können sich neue oder mehr Arten auf den Gipfeln etablieren.“

In einer Studie haben mehr als 50 Forscher aus elf Ländern rund um Steinbauer genau das nachgewiesen: Die Artenvielfalt auf Gipfeln steigt in ganz Europa an. „Und die Etablierung von neuen Arten beschleunigt sich mit der Zeit“, sagt der Wissenschaftler.

Zwar meint Steinbauer: „Wenn man einen Gipfel hat, auf dem vorher keine Art war und jetzt finden wir 15, ist da erst einmal nichts Negatives dabei.“ Allerdings: „Kritisch sind eher die Gipfel mit hochalpinen Spezialisten, die langfristig potenziell verdrängt werden.“ Und es gibt bereits Verlierer: Die Verbreitung des Bayrischen Enzians hat zum Beispiel etwas abgenommen. Da er vor allem auf gutem, humusreichem Boden wächst, bekommt er Konkurrenz von unten. „Die Sorge ist durchaus berechtigt, dass Arten verdrängt werden“, sagt Steinbauer.

 Auch die Wassertemperaturen steigen. Das hat negative Auswirkungen auf Korallen, die ein wichtiger Bestandteil des Ökosystems sind.

Auch die Wassertemperaturen steigen. Das hat negative Auswirkungen auf Korallen, die ein wichtiger Bestandteil des Ökosystems sind.

Foto: Stefan Sauer/dpa/Stefan Sauer
 Auf Gebirgs-Gipfeln nimmt die Anzahl der dort wachsenden Pflanzenarten zu. Andere werden dadurch langfristig verdrängt.

Auf Gebirgs-Gipfeln nimmt die Anzahl der dort wachsenden Pflanzenarten zu. Andere werden dadurch langfristig verdrängt.

Foto: dpa/Cajsa Nilsson
 Die Klimawandel bringt immer mehr Dürre-Perioden mit sich. Dadurch steigt die Gefahr von Waldbränden wie hier in Brandenburg.

Die Klimawandel bringt immer mehr Dürre-Perioden mit sich. Dadurch steigt die Gefahr von Waldbränden wie hier in Brandenburg.

Foto: dpa/---

Auch für Wolfgang Lucht vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung ist die im Fachmagazin „Nature“ veröffentlichte Studie ein „Alarmsignal“. „Wir hören oft vom Anstieg des Meeresspiegels und der Eisschmelze, die man heute schon sehen kann. Aber noch wichtiger ist, was mit den Ökosystemen passiert – also der Umwelt, in der wir leben, mit all ihren Lebewesen“, sagt der Erdsystem-Wissenschaftler.

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