Drama in Syrien geht weiter Waffenruhe in Ost-Ghuta hält nicht

Damaskus · (dpa) Trotz einer ersten fünfstündigen Feuerpause geht das Drama im syrischen Rebellengebiet Ost-Ghuta weiter. Bei Angriffen der Regierung seien ein Kind getötet und 16 Menschen verletzt worden, meldete gestern die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Die Regierung habe Ost-Ghuta mehrfach aus der Luft bombardiert und mit Artillerie beschossen. Zivilisten verließen das umkämpfte Gebiet nicht. Auch Hilfslieferungen kamen nicht in die Region. 

Die von Russland verkündete Feuerpause soll Hilfskonvois ermöglichen. Außerdem sollen Zivilisten das Gebiet verlassen können. Die Feuerpause soll auch in den kommenden Tagen zwischen 9 und 14 Uhr (Ortszeit) gelten. Russland ist einer der wichtigsten Verbündeten der syrischen Regierung und beteiligt sich mit der Luftwaffe am Bürgerkrieg. In den vergangenen neun Tagen sind in Ost-Ghuta Menschenrechtlern zufolge mindestens 570 Zivilisten getötet worden. Regierungstruppen belagern das Gebiet seit 2013. Rund 400 000 Menschen sind von der Außenwelt abgeschnitten. Die humanitäre Lage ist dramatisch. Es fehlt an Nahrung, Strom, Medikamenten und anderen Gütern. Trotz Wintertemperaturen können die Menschen nicht heizen. Viele müssen hungern. Nach Angaben des syrischen Staatsfernsehens errichtete die Regierung gestern sichere Korridore für Zivilisten aus Ost-Ghuta. Eine internationale Hilfsorganisation, die ungenannt bleiben wollte, konnte diese Angabe nicht bestätigen. Regierung und Rebellen warfen sich gegenseitig Verstöße gegen die Waffenruhe vor. Das syrische Staatsfernsehen meldete, „Terrorgruppen“ hätten fünf Granaten auf einen Fluchtkorridor gefeuert, um so den Abzug von Zivilisten zu verhindern. Aus Kreisen der syrischen Armee hieß es, dabei seien fünf Soldaten verletzt worden. 

Rebellensprecher Wail Olwan von der Miliz Failak al-Rahman erklärte hingegen, diese Vorwürfe seien frei erfunden. Zivilisten trauten sich wegen der Angriffe der Armee nicht, Ost-Ghuta zu verlassen. Es gebe auch keine Garantien, dass sie im Gebiet des Regimes nicht festgenommen, gefoltert oder zwangsrekrutiert würden. Eine stundenweise Feuerpause in Syrien reicht nach UN-Angaben nicht aus, um die Bevölkerung zu versorgen. „Es ist eine Frage von Leben und Tod“, sagte der Sprecher der UN-Nothilfe (Ocha), Jens Laerke. Unter Beschuss könnten keine Hilfsgüter geliefert werden. Die Menschen bräuchten eine Feuerpause von 30 Tagen, wie vom Weltsicherheitsrat am Samstag beschlossen, sagte Laerke. Der lokale Rat von Ost-Ghuta nannte das Angebot eines Abzugs von Zivilisten eine „Zwangsvertreibung“. Die Menschen hätten nur die Wahl, unter der Bombardierung zu sterben oder ihr Land zu verlassen.

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