Von Spielzeug-Autos und Limousinen

Berlin. Ist das ein ganz normaler Arbeitstag im Berliner Schloss Bellevue? An diesem Mittwoch ist Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zu Gast bei Bundespräsident Christian Wulff. Es ist eine wohlwollende protokollarische Geste für den Mann, der sich bisher nur Präsident einer Behörde nennen darf und doch so gerne Präsident eines unabhängigen Staates sein will

Berlin. Ist das ein ganz normaler Arbeitstag im Berliner Schloss Bellevue? An diesem Mittwoch ist Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zu Gast bei Bundespräsident Christian Wulff. Es ist eine wohlwollende protokollarische Geste für den Mann, der sich bisher nur Präsident einer Behörde nennen darf und doch so gerne Präsident eines unabhängigen Staates sein will.Auch Gastgeber Wulff möchte gerne wieder ein richtiger Präsident sein - und nicht einer, der sich mehr um seine eigene Affäre kümmern muss als um den Frieden im Nahen Osten oder andere wichtige Dinge.

Zu wenig Transparenz und eine "Salamitaktik" war Wulff und seinen Öffentlichkeitsarbeitern vorgeworfen worden. Gestern Abend nun stellte Wulffs Anwalt Gernot Lehr 239 Seiten Medien-Anfragen und die Antworten darauf ins Internet. Eher trockene Lektüre.

Es wird deutlich, dass die Anwälte öfter unter Zeitdruck waren. Mehrmals bitten sie um Verständnis, dass sie nicht so schnell wie gefordert antworten konnten. Neues ist nicht zu erkennen. Der größte Teil dreht sich um Edith Geerkens 500 000-Euro-Kredit und die Umstände des folgenden BW-Kredits, um Urlaube und Auslandsreisen. Die Dokumentation endet am 17. Januar. Bis zu acht Seiten umfasst ein einzelner E-Mail-Wechsel.

Bei einer Frage zum Privatkredit etwa bittet Anwalt Gernot Lehr um Verständnis, dass eine Einsicht in die Gehaltsbescheinigung des damaligen Ministerpräsidenten und seiner damals noch berufstätigen Frau nicht möglich sei. Ein Journalist bedankt sich für "informative Gespräche auch nach Dienstschluss".

Frostig und drängend hören sich andere Anfragen an. So beklagt ein Medienvertreter an einem Freitagnachmittag per Mail, dass die Anfragen des Vortages immer noch nicht beantwortet seien. Nun hätten sich weitere Fragen ergeben. "Wir erbitten die Beantwortung aller, auch der gestrigen Fragen, bis spätestens heute, 17.30 Uhr." Da hatte der Anwalt nicht einmal mehr eine Stunde Zeit.

Ob mit diesem Schritt in die Öffentlichkeit die Causa Wulff in ruhigeres Fahrwasser kommt, ist ungewiss. Signale der Entspannung für den gebeutelten Präsidenten kommen jedenfalls aus Stuttgart. Es wird keine staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen Wulff und die BW-Bank geben, sagt die Justiz. Ein Anfangsverdacht der Vorteilsnahme oder Vorteilsgewährung sei nicht zu erkennen.

Es geht dabei um den günstigen Kredit der BW-Bank für Wulff, mit dem er das umstrittene Darlehen der Edith Geerkens abgelöst hat. Zinssatz zwischen 0,9 und 2,1 Prozent. 19 Strafanzeigen hat es deshalb gegeben - aber keinen Anfangsverdacht. Damit ist rechtlich einmal Ruhe an dieser möglicherweise gefährlichsten Front für Wulffs Affärenbekämpfung. Die politische Prüfung kommt aber noch.

Alles andere als Ruhe im Landtag zu Hannover: Dort sieht die Opposition durch die Annahme des 500 000-Euro-Darlehens das Amt des Bundespräsidenten beschädigt und möglicherweise einen Verstoß gegen das Ministergesetz. Mit ihrem "politischen Zeigefinger" treibe die Opposition "machttaktische Spielchen, die der Würde des Amtes nicht dienlich sind" - glaubt FDP-Fraktionschef Christian Dürr. Und einer schweigt: Ministerpräsident David McAllister (CDU) sitzt nach außen ruhig und gelassen an seinem Platz. An diesem Tag will er sich nicht äußern, obwohl die Opposition es fordert.

In Berlin sind derweil schon wieder neue Fragen aufgetaucht. Die Finanzierung des Audi Q 3 für Bettina Wulff sei üblich und in Ordnung, sagt Anwalt Lehr. Der Bundespräsident habe den Autohändler "ausdrücklich" aufgefordert, "den ganz normalen Tarif" zu nehmen, und keine "Sonderbehandlung" gewünscht.

Gänzlich kostenlos war dagegen nach einem Bericht der "Berliner Zeitung" das Spielauto, das der Autohändler dem kleinen Sohn der Wulffs zum Geburtstag geschenkt haben soll. Das Bobby-Car steht nun angeblich für kleine Besucher im Schloss Bellevue zur Verfügung.Foto: pedersen/dpa

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