Vom Sammelsurium in den prächtigen Glas-Palast

Brüssel · 1,1 Milliarden Euro kostete das neue Hauptquartier. Gestern wurde es zwar offiziell eröffnet, bis zum Umzug vergehen aber noch Monate.

 Gebäude mit Symbolkraft: Wie Finger greifen die Flügel des neuen Nato-Hauptquartiers in Brüssel ineinander und sollen so für Zusammenarbeit und Einheit stehen. Unser Foto zeigt es im November 2016. Foto: Moors/NATO/dpa

Gebäude mit Symbolkraft: Wie Finger greifen die Flügel des neuen Nato-Hauptquartiers in Brüssel ineinander und sollen so für Zusammenarbeit und Einheit stehen. Unser Foto zeigt es im November 2016. Foto: Moors/NATO/dpa

Foto: Moors/NATO/dpa

Auf Donald Trumps Urteil ist die Nato gespannt. Schließlich hat der US-Präsident sein früheres Leben als Bau- und Immobilienunternehmer verbracht und eine Schwäche für Gigantomanie. Die kann die Allianz bieten, denn zum Programm des gestrigen Spitzentreffens der Nato-Staaten gehört die förmliche Eröffnung des gewaltigen neuen 1,1 Milliarden Euro teuren Hauptquartiers.

Seit 1967 hauste das Bündnis in einem unübersichtlichen Sammelsurium aus alten Gebäuden und Containern auf der gegenüberliegenden Straßenseite. 2010 begannen im Nordosten Brüssels in unmittelbarer Nähe zum Flughafen die Bauarbeiten für einen neuen Komplex mit viel mehr Platz für noch mehr Mitgliedstaaten: Entlang einer zentralen Achse wurden auf jeder Seite vier nach außen abfallende Flügel errichtet - die Architekten sehen darin ineinandergreifende Finger als Symbol für das Credo des Bündnisses: Zusammenarbeit und Einheit. 188 Meter sind die einzelnen Teile lang, bis zu sieben Stockwerke hoch, die kürzeren Flügel erstrecken sich aber auch noch über 90 Meter Länge. Das Hauptquartier wurde mit Spezialscheiben verglast, die sogar Explosionen aushalten sollen. Nach den Anschlägen in New York und Washington hat man die ersten Entwürfe nachgebessert. Für die Büros gibt es 254 000 Meter Fläche.

Alles gruppiert sich um die sogenannte Agora, eine Art zentralen Platz im Inneren nach dem Vorbild der griechischen Märkte, den Geburtsstätten der Demokratie. "Enorm" sei diese Agora heißt es: 240 Meter lang, 45 Meter breit und 32 Meter hoch. "Kathedrale" nennen die Nato-Mitarbeiter die Mitte ihrer künftigen Arbeitsstelle. Im Inneren gibt es hochmoderne und abhörsichere Konferenzräume mit dunkelbraunen Sesseln, Teppichen und Tischen, in die schwarze Computer-Bildschirme eingelassen wurden.

Die Staats- und Regierungschefs der nunmehr 29 Mitgliedstaaten sitzen in einem blauen Saal. Auch wenn die Gebäude mit 72 500 Quadratmeter Glas nach außen hin Transparenz signalisieren sollen, wird es die de facto nicht geben. Zwar rechnet die Nato mit bis zu 500 Besuchern täglich, ungebetene Besucher sollen aber nicht darunter sein. Denn die Sicherheitsmaßnahmen gelten als einzigartig. Selbst für die Bauarbeiter waren Iris-Scanner vorgeschrieben, mehrere Sicherheitschecks sind zu überwinden, ehe man dann endlich "drin" ist.

Der Umzug dürfte allerdings noch dauern. Die Arbeiten an dem Hochsicherheits-Datennetz konnten nicht abgeschlossen werden. Viele Räume zeigen, dass auf der Baustelle noch monatelang gearbeitet wird, ehe alle 4000 Nato-Mitarbeiter ihre neuen Arbeitsplätze beziehen können - und bevor das gewaltige Archiv, dessen Umfang mit 42 Kilometer Länge angegeben wird, verfügbar ist. Allein der Umzug wird auf zwölf Wochen geschätzt.

Was übrigens auch an den Entfernungen innerhalb der neuen Gebäude liegt: Um von einem Ende zum anderen zu gelangen, ist man angeblich 20 Minuten zu Fuß unterwegs.

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